Folge 152: Kein Kokolores – Katja Ilnizki über Lokaljournalismus als Lebensversicherung der Demokratie
Shownotes
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00:00:00: Ich finde ganz, ganz schön viel und zwar ganz, ganz viel unnötigen Kokolores.
00:00:06: Also mir blutet manchmal so das Herz, wenn ich die Zeitung aufschlage, ganz klassisch,
00:00:13: und dann sehe, wie manchmal einfach Geschichten sehr lieblos erzählt werden oder einfach
00:00:18: nicht so, dass es dem gegenüber tatsächlich was bringt.
00:00:21: Dieses Mal geht es bei This Is Media Now im Gespräch mit Katja Elnitzki um Kokolores im
00:00:27: Lokaljournalismus.
00:00:29: Vor allem geht es aber darum, wie Kokolores im Lokaljournalismus verhindert werden kann,
00:00:34: wie er Geschichten anders erzählen, strukturend verändern kann, um auch in Zukunft noch relevant
00:00:40: zu sein.
00:00:41: Und es geht darum, warum Lokaljournalismus die Lebensversicherung der Demokratie ist.
00:00:46: Jetzt geht's los.
00:00:47: Mein Name ist Luca Schöne und ich begrüße euch zu dieser Folge unseres Podcasts.
00:01:07: So ein Kokolores.
00:01:09: Das sagt ihr hoffentlich nicht allzu oft, wenn ihr This Is Media Now hört, aber davon
00:01:14: mal abgesehen, finde ich es ja eine sehr schöne Art zu sagen, dass etwas quatsch oder unsinnig
00:01:19: ist.
00:01:20: Ich mag das Wort irgendwie einfach Kokolores, das klingt so, es klingt genau danach, was
00:01:24: es eigentlich ist.
00:01:25: Und ich habe mich dann so ein bisschen gefragt, woher kommt das Wort eigentlich und da findet
00:01:30: man so ein paar lustige Erklärungen in diesem Internet, wenn man da mal fragt.
00:01:33: Zum Beispiel das Soll sagt, das ist so die übliche Erklärung, die lautmalerische Nachahmung
00:01:41: eines Harnenschreis ähnlich wie Kekereki halt sein und dabei steht der Hahn für Pralerei
00:01:47: und Aufgeblustertheit, was ja gut zur Bedeutung so leeres Geschwetspassen würde oder was
00:01:52: mir auch gut gefällt.
00:01:53: Manchmal wird ein Zusammenhang mit der Berliner Szene um 1930 genannt, in der Kokainkonsum
00:01:59: ja einfach dazugehört hat und dann zu unaufhörlichem sinnlosen Redefluss geführt hat, der dann
00:02:05: als Kokolores bezeichnet worden sein soll.
00:02:08: Ja, das sind irgendwie coole Erklärungen, wofroh dieses Wort so herkommt.
00:02:13: Apropos sinnloser Redefluss, den beende ich jetzt mal, um meine heutige Gäste hinzubegrüßen.
00:02:19: Katja Elnitzki ist mir zugeschaltet, sie ist Beraterin und Gründerin von ja genau Kokolores
00:02:25: Media.
00:02:26: Lokaljournalistin aus Leidenschaft kann man glaube ich sagen, war mit Mitte 20 schon
00:02:30: eine der jüngsten Chefredakteurinnen Deutschlands bei der Bayernwelle, war danach unter anderem
00:02:35: bei Servus TV und jetzt hat sie halt ihre eigene Firma Kokolores Media, wo sie Lokaljournalismus
00:02:41: besser machen möchte und genau darüber, Lokaljournalismus in diesen Zeiten und was ist eigentlich
00:02:48: guter Lokaljournalismus über diese Fragen, wollen wir sprechen.
00:02:52: Heik hat ja schön, dass du da bist, in diesem Internet zumindest.
00:02:56: Hallo Lukas, ja danke dir für die Einladung.
00:02:59: Fangen wir doch gleich mal an, warum Kokolores Media, wo kommt denn der Name her?
00:03:04: Kokolores Media hat eine sehr persönliche Geschichte und zwar hat das mein Opa immer
00:03:10: gesagt.
00:03:11: Also ich hatte generell immer als Kind viele Namen, je nach Gemüte, wenn ich viel gesprochen
00:03:16: habe, weil ich Katja Kalashnikova, wenn ich Blödsinn gebaut habe, dann war ich eine
00:03:20: Katjastrophe und wenn ich sehr viel, sehr viel gesprochen habe und damals ja vielleicht
00:03:27: mir auch mal ganz gern Geschichten ausgedacht habe, dann war ich die Katja Kokolores und
00:03:31: dann habe ich diesen Namen in dieses Internet irgendwann mal mitgebracht, so auf den klassischen
00:03:36: Social Media Kanälen war und bin ich heute noch als Katja Kokolores unterwegs und dann
00:03:41: ging es darum, einen Namen für die Firma zu finden und dann wurde das Kokolores Media
00:03:46: auch so ein bisschen in Gedenken an meinen Großvater, der ein sehr, sehr wichtiger Mensch
00:03:50: für mich war und genau, hat sich gleich mal gut angefühlt.
00:03:54: Das hört sich auch einfach gut an, also neben der schönen Geschichte dahinter ist es auch
00:03:59: einfach ein sehr einbrechsamer Name, würde ich sagen.
00:04:02: Die Kokolorene Erklärung ist mir neu, in wenigstens zugewandt, aber ist auch interessant.
00:04:07: Ja, fand ich auch sehr interessant.
00:04:08: Das habe ich tatsächlich bei Perplexity einfach gesehen, als ich es da eingegeben habe.
00:04:13: Bei dieser KI, dieser Suchmaschine mit KI.
00:04:18: Wenn wir doch gerade beim Thema sind Kokolores, wie viel Kokolores sehen wir denn so im Lokaljournalismus
00:04:23: eigentlich?
00:04:24: Ich finde ganz, ganz schön viel und zwar ganz, ganz viel unnötigen Kokolores.
00:04:31: Also, mir blutet manchmal so das Herz, wenn ich die Zeitung aufschlage, ganz klassisch
00:04:38: und dann sehe, wie manchmal einfach Geschichten sehr lieblos erzählt werden oder einfach
00:04:45: nicht so, dass es dem gegenüber tatsächlich was bringt.
00:04:48: Also, oftmals wird einfach irgendwas runtergebetet, wo ich überhaupt nicht drüber nachgedacht
00:04:53: habe, wer sind denn die Leserinnen und Leser am anderen Ende?
00:04:56: Bringt es denen jetzt was?
00:04:58: Oder wird es auch, keine Ahnung, wir berichten über 25 Jahre Kegelverein?
00:05:02: Da kannst du sagen, ja gut, ist es jetzt wichtig?
00:05:04: Ja, da gibt es Menschen, denen ist es wichtig.
00:05:06: Und das hat für mich dann auch ein bisschen was Respekt, mit Respekt zu tun, dass ich
00:05:11: sage auch kleine, vermeintlich irrelevante Dinge, erzähle ich trotzdem richtig, mit Hingabe
00:05:18: mit Bemühen.
00:05:19: Ja, und das finde ich dann oft sehr schade, weil ich finde, dass gerade in der Lokalberichterstattung
00:05:26: wie ganz, ganz oft unter unseren Möglichkeiten.
00:05:28: Da reden wir sich ja noch gleich näher drüber, wie wir denn ja diese Möglichkeiten ausschöpfen.
00:05:35: Lass uns vielleicht erstmal kurz auf so diesen allgemeinen Blick auf Lokaljournalismus
00:05:41: kommen, warum das eigentlich so wichtig ist für die Gesellschaft und die Demokratie.
00:05:46: Das hören wir ja immer wieder, aber lass uns da mal ein bisschen einsteigen.
00:05:50: Wir hatten, oder wir nehmen Transparenz am 5.
00:05:53: 5.
00:05:54: auf heute, also zwei Tage nach dem Tag der Pressefreiheit.
00:05:57: Und traditionell zum Tag der Pressefeiert veröffentlichen die Reporter ohne Grenzen ja immer ihr Pressefreiheitsranking,
00:06:05: wo Deutschland jetzt erstmals aus dem Top 10 herausgefallen ist, auf Platz 11 liegt.
00:06:11: Begründet wird das vor allem einmal mit Angriffen auf Vertreter der Presse, sowohl körperlich
00:06:16: als auch natürlich im Netz, aber halt auch mit Finanzierungsschwierigkeiten, dass immer
00:06:21: weniger Medienangebote sich selbst refinanzieren können.
00:06:24: Wenn wir auf den Lokaljournalismus schauen, was bedeutet das für den Lokaljournalismus
00:06:30: so eine Erkenntnis?
00:06:31: Wie gravierend oder dramatisch ist die Situation in deinen Augen?
00:06:36: Da habe ich so zwei Blicke drauf.
00:06:40: Zum ersten Mal sage ich, wenn ich jetzt das Ranking vom Pressefreiheitsjehe, dann verknüpfe
00:06:45: ich das nicht unbedingt gleich mit Lokaljournalismus.
00:06:47: Weil so gesehen, Lokaljournalismus vielleicht immer noch ein bisschen so die Insel der Glückseligen
00:06:52: ist.
00:06:53: Wenn du da das Gefühl hast, dass du in deiner Pressefreiheit beschnitten wirst, dann hast
00:06:57: du dann sehr intaktes soziales Netz, das quasi mit dir Druck aufbaut.
00:07:03: Also wenn ich jetzt als Lokaljournalistin zum Bürgermeister XYG und sage, ich möchte
00:07:08: das gern wissen, bitte geben sie mir Auskunft und der sagt, nee, dann kann ich mir das
00:07:13: ganz schnell auf die Füße fallen.
00:07:15: Ja, also da ist ein soziales Netz da, das sich irgendwie absichert mit.
00:07:20: Wenn es um die Finanzierung geht, dann sehe ich es schon anders.
00:07:23: Weil jetzt bin ich wieder bei den Zeitungen, ich bin ja eigentlich ganz klassisch im Radio
00:07:27: oder auch im Fernsehen unterwegs, aber die Zeitungen bieten sich da für mich ganz gut
00:07:31: an.
00:07:32: Du siehst es immer mehr, lokale Redaktionen geschlossen werden, dass sie zu so Satelliten
00:07:39: Redaktionen zusammengelegt werden, weil sich es einfach nicht mehr finanzieren lässt.
00:07:42: Und das hat auch was mit Pressefreiheit zu tun oder zumindest auch mit dem Informationsfluss.
00:07:48: Also wie viel Gelegenheit haben die Menschen dann noch, dass sie tatsächlich an ihre lokalen
00:07:53: regionalen Informationen kommen und dann wird die Luft einfach dünn.
00:07:57: Oder wenn dann Geisterzeitungen entstehen, wo du merkst, dass nur noch Pressemitteilungen
00:08:01: abgedruckt werden, es werden nur noch die Agenturmeldungen rausgezogen, nur weil dazu
00:08:06: völlig vielleicht die Ortsmarke übereinstimmt, das ist kein Journalismus und da werden wir
00:08:12: unsere Aufgabe auf jeden Fall nicht gerecht.
00:08:14: Und das macht dann schon auch was damit.
00:08:17: Ja, ich glaube gerade, wenn wir auf die wirtschaftliche Situation natürlich von lokalen Medien schauen,
00:08:23: wir wissen alle, die großen Werbegelder fließen zu den großen Plattformen, fließen jetzt nicht
00:08:29: unbedingt in die Lokalzeitung oder das Lokalradio oder immer weniger in diese Richtung.
00:08:34: Da ist glaube ich schon dieser Gedanke, dass das natürlich die Pressefreiheit einschränkt,
00:08:38: natürlich schon auch dabei.
00:08:39: Du hast im vergangenen Jahr für das Tendenzmagazin der BLM ein Plädoyer für den Lokaljournalismus
00:08:46: geschrieben.
00:08:47: Warum fandest du wichtig, ein Plädoyer für den Lokaljournalismus zu schreiben?
00:08:51: Weil mir Lokaljournalismus total am Herzen liegt und weil ich das Gefühl habe, dass
00:08:57: Lokaljournalismus ganz oft belächelt wird.
00:09:01: Lokaljournalismus ist so, das kommt so vermeintlich unsexy daher.
00:09:04: Ja, und ich habe auch im größeren gearbeitet.
00:09:11: Ich hatte viel mit Bundespolitik, gerade auch in Österreich zu tun.
00:09:14: Ich hatte auch die eine oder andere internationale Berichterstattung.
00:09:18: Also ich kenne die verschiedenen Ebenen von Journalismus.
00:09:20: Und Lokaljournalismus ist immer so ein bisschen so, also in der Branche vor allem, kommt mir
00:09:27: vor, hat es eben diesen Ruf von "Na ja, da schreibt halt jemand über 25 Jahre Källverein
00:09:32: Berchtesgaden".
00:09:33: Und das ist es aber nicht.
00:09:35: Lokaljournalismus ist schon die Wurzel.
00:09:38: Ja, also ich bin als Lokaljournalistin Sprachrohr für die Menschen vor Ort.
00:09:43: Ich kann deren Probleme aufgreifen und die Probleme erst mal überhaupt auf die nächste
00:09:48: Ebene bringen.
00:09:49: Also das hat auch ganz viel damit zu tun, um eine Agenda Setting zu machen.
00:09:54: Ja, das nach oben zu spielen, das ist total essentiell.
00:09:58: Und gut gemachter Lokalsjournalismus ist genauso Journalismus.
00:10:03: Ja, es ist nicht nur Journalismus, weil ich aus dem Kriegsgebiet berichte oder aus dem
00:10:08: Bundeskanzleramt.
00:10:09: Also das finde ich, wird das Sache nicht fair.
00:10:13: Und Lokalsjournalismus, ja, es wirkt oft ein bisschen so eingeschlafen, konservativ
00:10:17: bieder, aber es ist immer die Frage, was man draus macht.
00:10:20: Und ich glaube, dass da ganz, ganz viel Potenzial da ist.
00:10:23: Und klar, du bist in der lokaljournalistischen Redaktion, du bist immer konfrontiert mit
00:10:29: Ressourcenknoppen, ganz massiv.
00:10:31: Ja, du wirst immer zu wenig Personal haben und du wirst immer zu wenig Geld haben, um
00:10:37: mehr Personal einzustellen.
00:10:38: Das heißt aber nicht, dass ich deshalb einfach in so einen schreibtisch Journalismus verfallen
00:10:44: muss, sondern es ist eine Frage der Organisation oder auch mit neuen technischen Tools.
00:10:49: Ich glaube, dass da ganz, ganz viel Umdenken gefordert ist, um Lokalsjournalismus sexy
00:10:55: again zu machen.
00:10:57: Lokalsjournalismus sexy again machen.
00:10:59: Wie wir das machen, dazu vielleicht...
00:11:00: Ich wollte jetzt nicht weiter again sagen.
00:11:02: Ja, das ist sehr löblich.
00:11:04: Ich finde auch, dass wir sollten das nicht mehr so oft tun, dass zu übernehmen sexy
00:11:08: again ist doch etwas, worauf wir uns auf jeden Fall einigen können.
00:11:11: Das ist ja...
00:11:13: Lokalsjournalismus sexy again.
00:11:15: So, sehr gut.
00:11:17: Wie komme ich jetzt von sexy zu wurzeln?
00:11:20: Egal.
00:11:21: Das ist ja etwas, was du häufiger sagst, mit der Wurzel.
00:11:24: Dass eigentlich alles eine lokale Wurzel hat.
00:11:27: Ich finde das ein interessanter Ansatz, weil oft hören wir ja, wenn wir über Lokalsjournalismus
00:11:32: sprechen, man muss die großen Themen lokal runterbrechen.
00:11:35: Jetzt kommst du ja von der anderen Seite.
00:11:37: Du sagst, eigentlich hat alles eher eine lokale Wurzel und wir müssen das irgendwie nach oben
00:11:41: spielen.
00:11:42: Kannst du das irgendwie noch mal ein bisschen ausführen, weil ich finde, das ist ja irgendwie
00:11:46: ein, der Perspektivwechsel zu dem, was man sonst irgendwie oft hört, wenn es um lokale
00:11:51: Inhalte geht.
00:11:52: Dass wir dem runterbrechen, sage ich schon auch, holt die großen Themen in eure Region.
00:11:58: Aber die großen Themen kommen ja auch irgendwo her.
00:12:02: Und so ein ganz überspitztes Beispiel, das ich finde, das sehr passt, als im Innenministerium
00:12:10: diskutiert wurde über die Verteilung von geflüchteten Menschen aus der Ukraine.
00:12:14: Dann nicht, weil dem Innenministerium der Platz ausgeht.
00:12:19: Sondern da gibt es Gemeindenortschaften, die fangen an zu schreien und sagen, wir wissen
00:12:24: nicht, wie und wo wir das lösen sollen.
00:12:26: Das ist für mich zum Beispiel so.
00:12:30: Und das ist ein Thema, das wurde für meinen Geschmack wahnsinnig viel im Elfenbeinturm
00:12:35: diskutiert und auch dort herberichtet.
00:12:37: Wenn ich als Otto-Normal-Bürgerin in einem Dorf lebe und ich merke, hey, wir versuchen
00:12:44: alle mit anzupacken, es funktioniert nicht.
00:12:46: Und ich setze mich am Abend vor die Nachrichten und dann sehe ich einen Beitrag zu diesem
00:12:52: Thema, der rein im Innenministerium im Bundestag oder irgendwas spielt, dann hat das nichts
00:12:56: mit meiner Lebensrealität zu tun.
00:12:58: Und ich finde, anhand von Fernsehen kann man das ganz gut erklären.
00:13:03: Wenn ich jetzt dieses Thema im Fernsehen bekomme, dann gehe ich so ran, dass ich mir überlege,
00:13:07: okay, ich suche Protagonist*innen.
00:13:10: Also wer ist denn der Bürgermeister, der um Hilfe bittet?
00:13:14: Wer ist denn die Frau, die sagt, hey, wir haben das Zimmer meiner Kinder, ist gerade
00:13:20: unbewohnt, wir machen Platz?
00:13:21: Und zu den Menschen muss ich hingehen, weil das ist für mich, das passt in die Lebensrealität.
00:13:27: Das ist für mich Augenhöhe.
00:13:28: Wir berichten ganz, ganz viele Themen, weil wir einfach meinen eben, dass es in der Bundespolitik
00:13:34: Sex hier ist.
00:13:35: Nein, das ist für mich Elfenbeinturm.
00:13:36: Und da heißt es dann, da entsteht, meines Erachtens, auch diese, die da oben mentalität.
00:13:42: Und das ist ja das, was ich als Journalistin nicht haben möchte.
00:13:45: Genau, also eigentlich ist es ja genau, dass unser Job eben das zu verhindern, dass es
00:13:49: diese Sicht gibt.
00:13:52: Und was Journalismus ja auch häufig vorgeworfen wird, oft auch gar nicht so ganz zu Unrecht,
00:13:58: ist diese Nähe dann natürlich zur Bundespolitik zum Beispiel, zu den Parteien und zu funktionären
00:14:05: und so weiter, weil man sich da ja auch ein bisschen vielleicht gefällt irgendwie so
00:14:09: gefühlt Teil davon zu sein.
00:14:11: Und Lokaljournalismus geht halt genau da nicht hin, sondern guckt irgendwie, wie können
00:14:16: wir es denn für die Leute, für denen wir den ganzen Spaß ja eigentlich machen, irgendwie
00:14:19: runterbrechen.
00:14:20: Ich habe ja das Plädoyer, was zu geschrieben hast, schon angesprochen, da gab es eine
00:14:24: wunderschöne Zwischenüberschrift, wie ich finde.
00:14:27: Ich weiß gar nicht, ob die von dir war oder von der Redaktion, dann das war die Lebensversicherung
00:14:30: der Demokratie.
00:14:31: Also Lokaljournalismus als Lebensversicherung der Demokratie.
00:14:35: Was macht Lokaljournalismus denn so?
00:14:37: Vor meine.
00:14:38: Sehr gut.
00:14:39: Dann kann ich die Frage ja genauso stellen.
00:14:41: Was macht denn Lokaljournalismus so essentiell?
00:14:43: Naja, ich habe vorhin das schon angesprochen quasi, lokale Redaktionen verschwinden.
00:14:50: Es werden Satelliten Redaktionen, es gibt Geisterzeitungen.
00:14:54: Die Menschen haben irgendwann keine Möglichkeit mehr an die lokale Information zu kommen.
00:15:00: Wo bekommen sie denn die gesicherte Information her?
00:15:03: Oder entsteht dann dieses Hörnsagen, Stammtisch, Parolen, wird dann das Stammtisch zur neuen
00:15:09: Wahrheit, wird die Facebook-Gruppe, wird der Instagram-Channel zur neuen Wahrheit?
00:15:14: Ja, keine Ahnung, ob das gesund ist, eidaudet.
00:15:17: Ja, sind wir schon zwei.
00:15:21: Und deshalb sage ich, das ist so wichtig, dass man einfach vor Ort den Leuten einfach
00:15:26: sagt, auch was es mit ihnen zu tun hat.
00:15:28: Ja, dass man erstens, also ich sage immer, meine Aufgabe ist Journalistin, ist es nicht
00:15:35: Meinung zu bilden, meine Aufgabe ist es, zur Meinungsbildung anzuregen.
00:15:38: Das heißt, ich gehe so dann, ich leg dir alle Argumente auf den Tisch, die kommen besten
00:15:43: falls aus deiner Lebenswelt und damit es sich noch mehr interessiert aus deinem Dorf oder
00:15:47: aus deinem Nachbardorf oder aus dem Dorf, in dem deine Kusine lebt.
00:15:50: Ja, dass du irgendwie relating kannst, dass du da irgendwo anknüpfen kannst.
00:15:55: Und dann bringe ich das Thema so zu dir und dann bist du informiert.
00:15:58: So, und wenn diese Information nicht mehr fließt und wir sehen, dass es seit Jahrzehnten
00:16:03: in den USA beobachtet, das gibt jetzt auch langsam bei uns Studien dazu, was passiert
00:16:07: denn, wenn Menschen keinen Zugang mehr zu lokaler Informationen haben?
00:16:11: Sie werden sich politisch und demokratisch nicht mehr engagieren.
00:16:16: Die Wahlbeteiligung sinkt, also die Partizipation generell nimmt ab.
00:16:20: Du hast ein größeres Risiko für Korruption, du hast ein größeres Risiko für Verwaltungsübertretungen,
00:16:29: Fehlverhalten bei Unternehmen.
00:16:30: Es sind alles Folgen, die auch daher resultieren, wenn wir auch einfach den Menschen nicht die
00:16:35: Chance geben, mündige Bürger*innen zu sein.
00:16:38: Und da ist schon Journalismus ein Schlüsselpunkt dafür und auch einfach Lokalschanalismus.
00:16:44: Und ich habe es hier ja ganz interessant.
00:16:47: Ich lebe in Salzburg einfach wirklich Grenze an Grenze zu Bayern.
00:16:53: Keine beide Seiten, auch die Medienbranche, keine beide Seiten, die journalistischen
00:16:57: Gegebenheiten, habe ich auf beiden Seiten der Grenze gearbeitet.
00:17:01: So, und dann ging es zum Beispiel bei der EU-Wahl.
00:17:04: Dass man gerne mal sagt, ja, die EU, die EU, ja, das sind dann nicht nur die da oben,
00:17:10: sondern die da drüben, ja, die da drüben oben und dann hat das irgendwann gar nichts mehr
00:17:14: zu tun.
00:17:15: Da habe ich gesagt damals im Radio sage ich, lasst uns doch bitte wirklich eine Themenwoche
00:17:21: zur EU machen und wir versuchen jetzt mal ganz klar aufzubereiten, diese ganzen Themen,
00:17:26: was die Menschen explizit in dieser Region von der EU haben, direkt an der Grenze.
00:17:32: Und da sind Sachen aufgetaucht, die hatte ich nicht mehr auf dem Schirm, weil das so eine
00:17:36: Gewohnheit ist.
00:17:37: Also da ist jetzt natürlich offensichtlich so was wie du musst nicht mehr Geld wechseln,
00:17:41: ja, das hat man alle verstanden.
00:17:42: Aber dann gibt es dann zum Beispiel so Förderprojekte.
00:17:45: Und dann geht es auf einmal drum, oh, der Radweg von Ort A nach Ort B, den alle total feiern,
00:17:52: den hat ja die EU möglich gemacht.
00:17:54: Und laut das ist auch, und dann drüsselt man das auf und auf einmal merken die Upsala,
00:17:58: die EU hat in meinem Alltag noch viel, viel mehr abgesehen von irgendeinem Bezahlsystem
00:18:03: mit mir zu tun.
00:18:04: Und so glaube ich funktioniert es, dass du die Leute auch einfach wieder mitnimmst.
00:18:07: Ja, also man sieht ja auch in den USA, sieht man es ziemlich deutlich, du hast es angesprochen,
00:18:14: dass auch gerade da, wo lokaler Journalismus verschwunden ist, wo die berühmten Nachrichtenwüsten,
00:18:21: Nachrichtenwüsten, News-Deserts entstanden sind, dass da Donald Trump halt einfach auch
00:18:27: da vor allem erfolgreich ist und da einfach ganz klar ist, was das einfach mit den Leuten
00:18:33: macht, wenn ihre Lebensrealität vor Ort einfach nicht mehr vorkommt und nicht mehr wahrgenommen
00:18:38: wird, dann wenden sie sich halt...
00:18:40: So zur Radikalisierung.
00:18:41: Genau, dann wenden sie sich radikalen Kräften einfach zu.
00:18:43: Und ich finde das mit der EU aus so ein schönes Beispiel, man wird ja eigentlich, wenn du das
00:18:48: so erzählst, dann klingt es so selbstverständlich.
00:18:51: Das ist ja das, was Journalisten machen sollten irgendwie.
00:18:54: Aber wenn es dann um die EU geht, ist das eine breiten öffentlichen Wahrnehmung, geht es
00:18:58: meistens darum, wenn es irgendeine wieder Treffen der Staats- und Regierungschefs gibt, die
00:19:05: über irgendwie ja auch wichtige Themen natürlich sprechen, aber die dann in meiner Lebensrealität
00:19:10: oft nichts zu tun haben, dass ich mir da oft auch irgendwie gar nicht so richtig was darunter
00:19:13: vorstellen kann, wenn jetzt hier mal wieder noch 50 Milliarden und da 75 Milliarden, aber
00:19:18: was das konkret irgendwie heißt für meinen Alltag, da geht es ja am Ende drum und das
00:19:22: ist ja am Ende die Aufgabe von Journalismus, deswegen finde ich solche Projekte einfach
00:19:28: wirklich sehr, sehr wichtig.
00:19:29: Aber wie, Lukas Schall, jetzt bist du ein sehr informierter Mensch, der sich viel mit solchen
00:19:35: Themen beschäftigt.
00:19:36: Wenn du jetzt schon sagst, du tust dich da schwer, da irgendwie dran zu bleiben, dass du dich
00:19:41: dafür interessierst, ja, ja, woran liegt es denn?
00:19:45: Wie oft wird dir denn die Geschichte von irgendwelchen Milliarden von der EU erzählt
00:19:50: anhand dessen, dass irgendwelche Menschen, die dir bekannt vorkommen, weil du deren Gesicht
00:19:54: schon mal irgendwo gesehen hast, über einen roten kurvigen Teppich an der Horde von Bundenfohren
00:19:59: vorbeilaufen, dann sagen sie dir was?
00:20:01: So, und so wird dir die Geschichte erzählt.
00:20:04: Ja, natürlich macht es nichts mit dir.
00:20:05: Das hat keine Emotion, das hat keinen Punkt, wo du anknüpfen kannst.
00:20:09: Du kannst dir froh sein, wenn dann irgendwie noch mal so ein Symbolbild von Geld vorkommt,
00:20:13: dass du weißt, ach ja, stimmt, es ging um Geld.
00:20:15: Ja, also das hat auch was ein bisschen mit Storytelling zu tun und ich finde, dass wir
00:20:19: da wirklich oft unter unseren Möglichkeiten bleiben.
00:20:23: Ja, absolut.
00:20:24: Vielleicht genau zu dem Thema passend, apropos Storytelling, was ich mir auch häufiger denke,
00:20:30: wenn ich drüber nachdenke, wie wichtig ist Lokaljournalismus eigentlich für uns und
00:20:34: die Gesellschaft und wie könnte man Dinge irgendwie anders erzählen?
00:20:38: Ich habe den Eindruck, dass wir natürlich auch in den Medien getrieben von ganz vielen
00:20:43: Dingen, von den Mechanismen wie digitale Plattformen funktionieren, von dem was in der Politik
00:20:47: diskutiert wird.
00:20:48: Wir uns immer sehr auf das, was uns trennt und das, was irgendwie polarisiert konzentrieren.
00:20:55: Ich glaube, und da wird mich deine Meinung interessieren, ich glaube, dass Lokaljournalismus
00:21:00: voll die Chance hat, natürlich bei allem immer auch kritisch drauf schauen, auch
00:21:04: darauf sich zu besinnen, was eint uns denn, was ist uns denn gemeinsam auch wichtig vor
00:21:08: Ort, was wollen wir irgendwie vielleicht auch gemeinsam erreichen und wie kann Lokaljournalismus
00:21:12: da irgendwie dazu beitragen, dass da das Teilhabe möglich wird auch an Dingen, die vor Ort passieren.
00:21:18: Ich denke mir das häufiger, wenn ich zum Beispiel in meiner Heimat, also ich komme aus
00:21:22: einem kleinen Dorf in NRW, irgendwie bin und sehe, was den Leuten da so unglaublich
00:21:26: wichtig ist, es reicht von der Tradition des Osterfeuers bis hin zu Schützenfest, was
00:21:30: dann auch häufig, wenn ich dann in meine Münchner Bubble zurückkomme, dann ein bisschen
00:21:34: belächelt wird, ehrlicherweise manchmal, wo ich mich dann aber frage, nee, aber es
00:21:37: ist dieses Belächeln von diesen Dingen, da fängt das Problem, glaube ich, schon an,
00:21:41: weil das ist für die Menschen, die ich dann in diesem Dorf kenne und die schon lange meine
00:21:46: Freunde sind, meine Familie, das sind das die Ankerpunkte im Jahr und das ist für die super
00:21:52: wichtig und das ist für die auch super wichtig, dass es wahrgenommen wird und es wird aber
00:21:57: leider sehr wenig nur wahrgenommen über das Dorf hinaus.
00:22:00: Ich glaube, dass Lokaljournalismus voll auch die Pflicht hätte, sich mehr auf dieses,
00:22:06: was eine Gemeinschaft ausmacht, wie kann der Lokaljournalismus das sichtbar machen,
00:22:11: dieses gemeinsame zu betonen und diese Teilhabe zu ermöglichen oder auch Leute überhaupt
00:22:16: erst dazu zu befähigen, solche Dinge zu tun.
00:22:19: Wie schaust du auf den Punkt, dass wir das Lokaljournalismus sich auf Dinge konzentrieren
00:22:25: kann, die mehr vereinen als spalten vielleicht?
00:22:27: Das sind immer wieder beim Kegelverein, echtes Garten.
00:22:32: Also ich glaube schon, dass Lokaljournalismus eine ganz, ganz große Chance hat, als Brückenbauer
00:22:38: zu agieren.
00:22:39: Erstens schon mal, glaube ich, liegt es in der Natur der Sache, weil als Lokaljournalist
00:22:45: lebst du ja auch dort, wo du berichtest, gewöhnlicherweise, das heißt du bist ja einer von denen,
00:22:50: ja du bist nicht einer von den anderen, sondern du gehörst dazu, du bist Teil der Gemeinschaft,
00:22:57: du weißt wie die Bräuche benannt werden, ausgesprochen werden, du weißt wie die
00:23:00: Wortschaften heißen, du weißt wie die Straßen heißen, du kannst es ja schon mal ganz anders
00:23:04: erzählen, weil du einfach kundig bist, ja.
00:23:08: Und du hast natürlich auch die Chance, dass du einfach ein bisschen auf die feineren
00:23:16: Töne hörst, wenn man jetzt wirklich auf dieses Brücken bauen verständigen.
00:23:19: Die, die lautsch rein sind ja immer die Pole.
00:23:24: Ja und dann gibt es irgendwie noch die Menge, die dazwischen irgendwie ein bisschen erträgt.
00:23:29: Ja und du hast ja im lokalen viel mehr die Möglichkeit, dass du in diese Menschen rankommst,
00:23:34: weil du kennst diese Menschen.
00:23:36: Ja oder du kennst Menschen, die diese Menschen kennen.
00:23:39: Ja oder du hast einfach, du hast nochmal andere Möglichkeiten auch Themen irgendwie abzuklappern.
00:23:45: Also du kannst einmal in der Woche, das rat ich ganz gern, Redaktionsmitgliedern, dass
00:23:51: ich sage, hey, wenn ihr das Gefühl habt, ihr habt totale Themenarmut, dann ruft bitte
00:23:55: ein paar Gemeinden beim Friseur an, die wissen worüber gesprochen wird.
00:24:00: Dann wird es nämlich erzählt.
00:24:01: Ja also du hast, du hast ja auch dein Pool, wo du hingehen kannst, du hast ein Netzwerk.
00:24:07: Netzwerk ist dann ein ganz großer Punkt.
00:24:10: Ja und in der Bundespolitik, ja die bleiben da unter sich, da ist das Medien mit Politik,
00:24:17: mit Akteur*innen irgendwie eng verstickt.
00:24:19: Ich wohne in Österreich, arbeite in Österreich, ich weiß sehr genau, wovon ich spreche.
00:24:24: Ein eigenes Thema für sich nochmal.
00:24:28: Das ist ein eigenes Thema für sich, ganz genau.
00:24:30: Ja also ich sehe da fürs Brückenbau eine total große Chance, weil du eben die Themen setzen
00:24:36: kannst, in der Art, wie sie es erreichen und du hast ein viel besseres Gespür für die
00:24:41: Mentalität.
00:24:42: Also ich könnte jetzt nicht von heute auf morgen nach Stuttgart umziehen und sagen, ich
00:24:46: werde jetzt in Stuttgart Lokalschannelistin.
00:24:47: Da müsste ich mich wahnsinnig lange einarbeiten, weil ich halt so arbeite, dass ich sage, ich
00:24:53: muss in die Menschen rein spüren.
00:24:54: Wie ist denn die Mentalität?
00:24:55: Wo liegen denn die Themen?
00:24:56: Wie schauen die denn auf Themen?
00:24:58: Wie kann ich denn mit einem konstruktiv journalistischen Ansatz die erreichen?
00:25:01: Ja also das hat auch was mit Mentalitäten zu tun, das hat was mit dazu gehörig.
00:25:06: Das hat auch was mit Authentizität, Glaubwürdigkeit.
00:25:10: Deswegen habe ich vorhin gesagt, weißt du, wie der Ort XY richtig ausgesprochen wird.
00:25:16: Ja auch das macht da, was sie dir vielleicht ganz anders zuhören, dass sie ganz anders teilnehmen.
00:25:22: Also ich glaube, ich finde, das ist auch...
00:25:24: Weiß nicht, ob ich deine Frage beantwortet habe, ich bin dir überhaupt geboren auch.
00:25:28: Ja absolut.
00:25:29: Brückenbau und finde ich ein gutes Stichwort und ich glaube auch, dieses, was ich schon mal
00:25:35: beobachte, wenn so auf lokale Themen geschaut wird, ist nämlich, dass das eher so eine,
00:25:41: ja so eine, wie so eine Zirkusbeschau manchmal eher ist.
00:25:44: Also dass man, dass man irgendwie sagt, ach guck mal die zünden da ein Kreuz an und
00:25:48: dann brennt das.
00:25:49: So ne und dann ist das eher, dann hat das eher so was, ja man schaut da irgendwie so ein
00:25:54: bisschen amüsiert oder mit Abstand drauf und guckt sich das an wie so in so einem Zoo.
00:25:58: Das beobachte ich oft, wenn auch gerade überregionale Medien versuchen, lokale Themen zu machen,
00:26:04: dann wird das oft eher was davon, um das mal kritisch anzumerken.
00:26:07: Aber lokal sein heißt ja was anderes.
00:26:11: Also lokal sein heißt ja für mich, diese Dinge, die da vor Ort passieren, also zu
00:26:17: verstehen, warum ist es den Leuten denn so wichtig und ohne da mehr.
00:26:20: mit dieser Beschau irgendwie drauf zu schauen, sondern einfach irgendwie das zu durchdringen
00:26:26: und das auch so eine Perspektive raus auch zu berichten.
00:26:29: Was natürlich an der Seite immer auch die Gefahr birgt, dass man vielleicht zu unkritisch
00:26:34: wird am Ende, dass wenn man zu sehr Teil von dem ist, was da passiert.
00:26:40: Wie blickst du so auf diesem schmalen Grad, der es ja auch oft ist im Lokalen?
00:26:44: Absolut.
00:26:45: Ich sehe den schmalen Grad auch.
00:26:46: Ich habe jetzt ein paar Gedanken dazu.
00:26:47: Erstens, es gibt einen Grund, warum Lokalschannelist*innen, Ansprechpartner*innen vor Ort, kein Geld
00:26:56: zahlen müssen im Vergleich jetzt zu Bildreport.
00:26:58: Ja, brauchst du im Lokalen nicht, weil du kennst dich, da ist eine andere Vertrautheit da.
00:27:05: Diesen schmalen Grad sehe ich auch und zwar, weil das Ganze oft auch ein bisschen so gedacht
00:27:14: wird.
00:27:15: Warte, wie erkläre ich das jetzt?
00:27:17: Sag mal so, es hat die Gründe, warum ich zu meiner sehr intensiv lokal journalistischen
00:27:23: Zeit mit Bürgermeister*innen niemals per Du war.
00:27:28: Weil das mir eine gewisse Sicherheit gegeben hat, eine gewisse Grenze.
00:27:32: Dass ich sage, ich weiß zwar ganz genau, wen ich anrufen muss, wenn ich die Info brauche,
00:27:38: aber ich habe nie das Gefühl, dass ich so in so einer freundl-wirtschaft gefangen bin,
00:27:43: wo ich sage, wir trinken doch aber auch per Du ein Bier miteinander.
00:27:46: Und deswegen, wenn der jetzt was braucht, dann kann ich einfach sagen, das wirst du
00:27:50: jetzt in die Nachrichten bringen.
00:27:52: Also das war für mich so eine Sicherheit, so eine Grenze, die ich einfach gezogen habe,
00:27:57: um da sicherer zu sein, weil ich finde, es ist ein sehr schmaler Grad und oft heißt
00:28:01: ein Jahr eine Hand wäscht die andere, also nee, es muss halt auch irgendwo, ja.
00:28:09: Ja, und dann hatte ich vorher noch den Gedanken, dass ich glaube, dass wir schon verstehen
00:28:13: müssen, auch, dass Lokaljournalismus auf dem Land anders funktioniert als in der Stadt.
00:28:19: Ja, dass du viel, ja, da hast du andere Themen oder das ist auch in der Zumme auch wieder
00:28:24: bei den Mentalitäten.
00:28:25: Also im tiefsten Oberbayern wird Lokaljournalismus andere Themen haben als Lokaljournalismus
00:28:30: in München.
00:28:31: Ja, also das sind ganz andere Themen, das sind andere Mentalitäten, das hat ein anderes
00:28:36: Tempo, die Menschen ticken anders.
00:28:38: Ja.
00:28:39: Und was du gesagt hast, man schaut dann oft, wenn man versucht, das überregionales Medium
00:28:43: dann mal irgendwie ein lokales Thema zu setzen, man schaut dann da wie so ein Zirkus drauf.
00:28:47: Ich finde, dass dann die lokalen Themen auch oft aus einem Gewissen, wo ja Rismus da einfach
00:28:53: reinwandern und ein ganz krasses Beispiel dafür ist, für mich letztes Jahr, als auf einmal
00:28:59: dieser Brauch auf Borkum, Klasohm, aufgekommen ist.
00:29:03: Und wie wurde dann darüber berichtet?
00:29:05: Ja, und man hat dann da quasi draufgeschlagen und dass das so fraglich ist, da brauchen wir
00:29:11: überhaupt nicht darüber diskutieren.
00:29:12: Aber ich muss schon auch an den Kern schauen und sagen, wie ist denn das überhaupt entstanden
00:29:15: und warum hat das denn auf der Insel immer noch eine Akzeptanz und wie kommen sich denn
00:29:20: die Menschen jetzt vor?
00:29:21: Ja, also die werden ja jetzt von der anderen Seite von der Deutschlandkarte, zeigt man
00:29:26: mit dem Finger drauf und sagt, das sind ja die Ganzgeschreuden, das sind die, die Frauenhauen.
00:29:30: Ja, genau.
00:29:31: Ja.
00:29:32: Also das ist ja aber nicht die ganze Wahrheit.
00:29:34: Also finde ich ein super Beispiel, so aus meiner Lebensrealität auch noch ein anderes,
00:29:41: so wenn es um die berühmten Schützenvereine in meiner Heimat zum Beispiel geht, wo oft
00:29:45: Frauen keine Mitglieder sein können, immer noch nicht.
00:29:48: Klar muss man da kritisch drauf schauen, aber trotzdem auch da gehört dann oft so zu
00:29:54: ganzen Wahrheit, dass viele Frauen das auch dann vor Ort okay finden, die sagen, das ist
00:29:59: halt die Tradition, das ist so gewachsen.
00:30:01: Also dass man da die ganze Geschichte immer erzählt und nicht nur sich den Punkt rausgreift,
00:30:05: den man aus einer vom ja aus städtischen urbanen, liberalen Position irgendwie kritisiert
00:30:11: und dann dass sich das raus sieht.
00:30:12: Oder dass sich das verkaufen lässt.
00:30:13: Genau, weil es sich das verkaufen lässt und weil dann natürlich das polarisiert dann,
00:30:18: aber das erzeugt dann natürlich bei den Leuten über, um dies dann geht natürlich sofort
00:30:22: wieder so ein, ja aber ihr habt doch überhaupt keine Ahnung, was hier abgeht, weil dann natürlich
00:30:26: nur wieder dieser Teil rausgegriffen wird.
00:30:28: Ich glaube und das ist auch etwas, was man im Lokaljournalismus halt einfach gut machen
00:30:33: kann, halt irgendwie die ganze Geschichte zu erzählen.
00:30:36: Oh, aber trotzdem natürlich auch trotzdem kritisch drauf zu schauen, könnten wir das
00:30:39: denn nicht vielleicht mal ändern, also diesen Spagate zu schaffen.
00:30:43: Also Lokaljournalismus darf meinem Geschmack nach schon kritischer sein.
00:30:48: Ja, da hält man sich oft zurück und ich merke das bei vielen Kolleginnen und Kollegen,
00:30:55: die da weniger abgebrüht sind, die dann schon ein bisschen so Angst haben auch so, weil
00:31:00: ich nenn es jetzt mein Anführungszeichen sozialen Echtung.
00:31:03: Wenn du was Böses über den sagst oder da mal was in Frage stellst, darfst du dann beim
00:31:09: nächsten Mal noch mitspielen.
00:31:10: Ja, absolut.
00:31:11: Jetzt ist so ein bisschen die Frage, die in den letzten Jahren immer mal wieder aufgerufen
00:31:18: hat.
00:31:19: Ja, der Gedanke kommt mir jetzt gerade.
00:31:22: Das hat vielleicht auch ein bisschen was mit der Anonymität zu tun.
00:31:25: Du hast einfach diesen Schutzmantel der Anonymität nicht.
00:31:28: Aber wenn du jetzt irgendwie bei der Süddeutschen arbeitest und über irgendwas Kleines bericht,
00:31:32: ja unter dem Namen, ja gut, dann hast du ihn mal gelesen, dann kannst du dir das Gesicht
00:31:36: vielleicht im Internet anschauen, aber du wirst jetzt nicht gefahr laufen, die Person irgendwie
00:31:39: bei meinem Kaufen zu treffen.
00:31:41: Also da ist schon eine andere Fall.
00:31:43: Ja, absolut, absolut.
00:31:45: Jetzt ist so ein bisschen die Frage nach, was bedeutet eigentlich lokal in diesen Zeiten,
00:31:52: vielleicht noch spannend, weil es gab immer mal wieder, wenn man in den letzten Jahren
00:31:56: darüber gesprochen hat oder wenn ich darüber gesprochen hat, es gab so die These, die dann
00:32:02: aufgestellt wurde von wegen, ja irgendwann, also dadurch, dass wir auch immer mehr digital
00:32:07: leben und unser Leben sich sehr viel da abspielt.
00:32:10: Wenn wir gerade auf jüngere Zielgruppen schauen, wird sich dieses Verständnis davon, was eigentlich
00:32:15: lokal ist, das wird sich wandeln.
00:32:16: Also ist es wirklich nur noch das, was vor Ort, vor meiner Haustür passiert oder muss
00:32:20: man das nicht irgendwie anders definieren.
00:32:22: Ich habe eine Meinung dazu, aber da würde mich deine natürlich auch interessieren.
00:32:28: Also müssen wir vielleicht, müssen wir lokal neu denken oder wird es einfach immer so
00:32:32: bleiben, dass das, was wirklich physisch vor uns passiert, das ist lokal und das andere
00:32:37: ist irgendwie diese digitale Welt.
00:32:39: Wie schaust du so auf diese Entwicklung?
00:32:41: Das finde ich jetzt tatsächlich eine sehr schwere Frage.
00:32:47: Es ist auch eine schwere Frage, tatsächlich.
00:32:49: Weil ich glaube halt, dass man, dass dieses junge Menschen interessieren sich nicht mehr
00:32:56: dafür, was um sie herum lokal passiert.
00:32:58: Das sagen ja viele Leute, ich glaube das stimmt nicht.
00:33:00: Ich glaube das stimmt nicht, aber man muss ihnen halt dann wiederum in ihrer Lebensrealität
00:33:07: auf den Kanälen halt erzählen, was denn, was vor ihrer Haustür passiert.
00:33:11: Da muss man sie dann halt dann da erreichen.
00:33:13: Aber ich glaube, dass sie sich nicht dafür interessieren würden, was man ja immer mal
00:33:17: wieder hört, auch immer noch.
00:33:18: Ich glaube, das ist eine falsche Annahme einfach.
00:33:20: Das halte ich auch für eine falsche Annahme, weil wäre es so, dann hätte keine Feuerwehr
00:33:26: mehr eine Jugendgruppe, dann hätte kein Schützenverein mehr Jungschützen und Schützen*innen
00:33:32: und was dann natürlich auch aufkommt.
00:33:34: Das stelle ich jetzt auch fest bei mir im Freundes- und Bekanntenkreis, dass ja ganz viele,
00:33:39: so dann mit so Anfang-Mitte-30 zum Beispiel wieder in die Ortschaften ziehen, aus denen
00:33:44: sie gekommen sind.
00:33:45: Also da ist ja schon wieder auch Zuzug.
00:33:47: Ja also da ist Interesse für die Gemeinde, fürs Lokale, weil du sonst auch gar nicht mitspielen
00:33:51: kannst irgendwie in der Gemeinschaft.
00:33:53: Also das ist ja das Problem.
00:33:54: Und ich meine, warum gehen denn auch Leute keine Ahnung zum Schützenverein?
00:33:58: Ja weil da halt soziale Austausche ist, da ist halt Party, da ist ein bisschen mit Sport
00:34:04: verbunden und was ist denn sonst oft außen rum?
00:34:06: Ja nicht so viel.
00:34:08: Also du wirst nicht drum herumkommen.
00:34:10: Also ich glaube, dass das Lokale nicht stirbt.
00:34:13: Ich sehe auch nicht, dass das Interesse für das Lokale stirbt, sondern ganz im Gegenteil.
00:34:18: Und spätestens auch wenn du irgendwie Familie hast, Kinder hast, dann musst du dich auch
00:34:23: wieder dafür interessieren, was mit dem Kindergarten vor Ort abgeht, weil sonst hast du eh keine
00:34:27: Chance.
00:34:28: Ich glaube das ist eher die Frage nach Lebenssituation.
00:34:30: Also es mag natürlich eine Zeit geben im Leben, wenn man irgendwie gerade jung ist, wo
00:34:36: das dann vielleicht nicht die größte Rolle spielt, was Lokal passiert, das mag sein.
00:34:41: Aber ich glaube, das ändert sich halt auch wieder.
00:34:43: Ich glaube, wenn es dann darum geht, Familie gründen, Bauplätze finden, wie ist es eigentlich
00:34:47: mit Kinderbetreuung so, diese ganzen Themen und damit das Lokale dann doch wieder sehr
00:34:51: relevant.
00:34:52: Absolut.
00:34:53: Und ich glaube auch, genau, also das Lokale zu erzählen, das glaube ich wird nicht, das
00:34:59: wird nicht out, das was out wird ist, die Art ist zu erzählen.
00:35:04: Wie du sagst, also man muss sich halt überlegen, wie bringt man es denn an die Leute?
00:35:08: Und ich stelle das jetzt ganz viel fest in dem Sennegebiet, in dem ich gerade ein Radio
00:35:13: sende, sehr intensiv begleite, was denn dort so passiert auf Social Media.
00:35:19: Und ich finde das total reizend, da gibt es zum Beispiel ein Edeka und der hat jetzt
00:35:24: einen total coolen Instagram-Auftritt und macht super witzige Reals, die teils so viral
00:35:30: gehen, die so dieses Heimatgefühl dort und die Mentalität irgendwie total aufgreifen
00:35:37: und total gut übersetzen auf Social Media Content.
00:35:41: Ja und das ist halt logisch auch das, was Medien machen müssen.
00:35:44: Ja aber das ist jetzt genauso, wenn ich jetzt sage, ich bin jetzt Mutter von dem Teenager
00:35:50: und ich schreibe sie in einem Brief, dann werde ich ihn eher nicht so gut erreichen,
00:35:54: wie wenn ich ihm eine WhatsApp schicke.
00:35:55: Das ist wahr.
00:35:56: Das ist die Art, glaube ich, der Kommunikation und wenn wir das auch noch schaffen, ein
00:36:02: bisschen mit Mentalitäten aufzubereiten, dann, ich mache mir da keine Sorgen ums
00:36:07: Lokale, aber du musst es halt verstehen, du musst sagen, hey ich gehe das jetzt an.
00:36:10: Und was wir mit Sicherheit nicht machen können, ist zu sagen, ja wir machen das so, weil
00:36:14: man Streaming so gemacht hat.
00:36:16: Das hat ja selten jemandem gut beraten.
00:36:18: Das hat selten funktioniert auf Dauer, ja.
00:36:21: Man merkt, es ist so ein bisschen dein Thema, weil du machst ja auch Workshops zu cross-medialem
00:36:26: Storytelling bei Kokolores Media.
00:36:29: Was sind da deine Erfahrungen, wenn du dann mit Redaktionen zusammenarbeitest?
00:36:36: Inwieweit ist denn da so ein, sagen wir mal Verständnis oder auch schon so ein Skillset
00:36:41: oder Mindset eher, sollten wir besser sagen, da das wichtig ist?
00:36:46: Und wie gehst du das an, wenn du so einen Workshop machst, dass Leute uns erklären, warum ist
00:36:52: das wichtig und wie machen wir das jetzt?
00:36:55: Im Grunde erklär ich es genauso wie jetzt mit dem Brief unter WhatsApp.
00:37:00: Ja, die Frage ist also, du musst halt generell einfach dieses Bewusstsein schärfen und
00:37:07: da, glaube ich, geht man so im Alltagsarbeitszelt raus, dass man sich bewusst wird, wer sitzt
00:37:12: denn auf der anderen Seite.
00:37:13: Ja, dass ich sage, für wen mache ich das denn?
00:37:16: Sende ich für mich oder sende ich für Publikum draußen?
00:37:20: Auch wenn ich jetzt im Radio nicht sehe, nicht höre, wenn Witzgut war, applaudiert mir
00:37:25: keiner, muss ich aushalten lernen, aber das heißt nicht, dass da niemand ist.
00:37:28: So, also ich muss mir erstmal bewusst werden und dann muss ich überlegen, okay, auf welchem
00:37:34: Kanal erreiche ich die Susanne, auf welchem Weg erreiche ich den Peter, auf welchem Weg
00:37:39: erreiche ich die Anna und auf welchem Weg erreiche ich die Selina?
00:37:42: Ja, und je nachdem, wer halt außen steht, habe ich halt auch andere Mittel, die zu erreichen.
00:37:49: Ja, und die Selina werde ich jetzt vielleicht mit Linie am Programm nicht mehr so gut
00:37:55: erreichen wie mit irgendeinem Mediathekinhalt.
00:37:58: Ja, oder die Anna erreiche ich halt besser irgendwie mit der lokalen Nachricht, die ich
00:38:05: in Instagram Video gepackt habe.
00:38:07: Und das Bewusstsein ist absolut da und dann ist soher in Redaktionen und das ist auch
00:38:13: in Ordnung so und ich finde, das ist auch wichtig so, hast du halt einfach verschiedene
00:38:17: Zusammensetzungen, da hat jeder seinen Steckenpferd, jeder hat eher seine Interessen, jeder hat
00:38:22: seine Talente.
00:38:23: Ja, und da findet sich immer jemand, der sagt, hey, ich nehme jetzt Instagram federführend
00:38:27: in die Hand und der andere sagt, ich liefer dir die Grundnachricht dazu.
00:38:33: Ja, das ist vollkommen in Ordnung und man kann es aber auch trainieren und das man einfach
00:38:40: sagt, okay, ich gehe jetzt raus auf den Termin, weil da ist irgendwie der Spatenstich vom
00:38:44: neuen Kindergarten, dass ich sage, ich gehe nicht mehr nur hin und halt da einmal mein
00:38:49: Mikro rein, sondern ich überlege mir tatsächlich, wie schaut es dort aus, kann ich dort ein
00:38:52: Video machen, muss es eine ganze Story sein, die ich da jetzt erzähle oder wird auch einfach
00:38:58: nur ein Foto mit ein paar Bullet Points erreichen.
00:39:01: Ja, und welche Ressourcen habe ich und wie kann ich die bestmöglich nutzen?
00:39:05: Also, da wollte ich sowieso darauf hinaus auch noch, ich meine, das ist ja auch ein Argument,
00:39:11: das man oft hört, wenn man mit lokalen Medienanbietern spricht, wenn man dann sagt, oder wenn man
00:39:17: darüber spricht, wie sieht es eigentlich aus mit Podcasts oder mit Social Media Strategie
00:39:21: oder vielleicht auch mal, du hast jetzt gerade zum Beispiel so zu Terminen gehen, ist ja
00:39:26: das eine, aber vielleicht auch mal ein bisschen in investigative Recherchen vor Ort zu gehen
00:39:30: und so und dann gehört man häufig, ja, da fehlen uns die Ressourcen.
00:39:33: Ich nehme an, dass dir das auch begegnet in deiner Arbeit.
00:39:37: Wie?
00:39:38: Was antwortest du dann?
00:39:39: Ja, ich kann das Gruppproblem schon verstehen, bei manche Dinge müssen erledigt werden und
00:39:48: die binden einfach Zeit und ansonsten ist es eine Frage von Organisation.
00:39:55: Aber und das ist, das was ich ganz ganz viel mit Redaktionen trainiere, ist überhaupt mal
00:40:00: die Themen zu sehen und zu sagen, hey, wie viel geht denn aus einem Thema raus?
00:40:06: Wie effizient kann ich denn eigentlich sogar damit arbeiten, ja?
00:40:10: Wie kann ich ein Thema weiter drehen?
00:40:12: Wie kann ich eine Geschichte weiter erzählen?
00:40:14: Und das wird oft nicht gesehen, weil man da so ein Serien im Tunnel ist und irgendwie
00:40:17: runterarbeitet, dass man vergisst, den Blick aufzumachen.
00:40:21: Und dieses, ich habe mir das früher immer sagen lassen, die Themen liegen auf der Straße
00:40:26: und ich habe mir gedacht, was wollen sie denn, was heißt denn diese Themen, die liegen auf
00:40:30: der Straße?
00:40:31: Sie tun es wirklich.
00:40:32: Wir müssen nur aufmerksam mal irgendwie durch die Welt gehen und dann verstehen wir, wo
00:40:37: die Themen sich verstecken.
00:40:38: Und dann sehe ich auch, wie kann ich ein Thema nutzen?
00:40:41: Und dann spart mir das auch schon Zeit, weil ich muss nicht eine halbe Stunde da sitzen
00:40:46: und sagen, oh mein Gott, was packe ich auf den Sendeplatz um 10 und 15?
00:40:50: Ja, weil das im Grunde am Vortag schon weiß, was ich auf dem Sendeplatz immer, weil ich
00:40:54: eine Geschichte weiter drehen kann, weiß ich da was tut, weiß ich jemand dazu gemeldet
00:40:58: hat.
00:40:59: Und dann ist es eine Lage von Struktur, man kann den Workflow anpassen und du kannst
00:41:03: auch mit drei Leuten eine geile Redaktion stemmen, die Crossmedial arbeitet, aber du
00:41:09: musst gut organisiert sein.
00:41:10: Du musst natürlich an anderen Stellen irgendwie ein bisschen was runterschrauben und stärken
00:41:17: stärken ist was, was total viel hilft.
00:41:20: Ganz viele Redaktionen arbeiten so, dass Leute einfach auf Posten gepresst werden, was sie
00:41:25: wieder mögen, noch können.
00:41:27: Das ist einfach ineffizient, du musst stärken stärken, du musst die Leute schauen, wie
00:41:32: können sie sich gegenseitig die Bälle zuspielen, dann ist jeder in seinem Flow, dann ist eine
00:41:36: ganz andere Motivation.
00:41:37: Aber das erfordert natürlich auch, man muss sich das anschauen, man muss bereit sein,
00:41:41: da was umzubauen, man muss sich da begleiten lassen.
00:41:44: Also das erfordert ein bisschen einen langen Atem, aber dann funktioniert das.
00:41:48: Und dann bin ich auch viel dynamisch unterwegs und neue Technik ermöglicht uns, dass ich
00:41:55: wirklich quer unterwegs sein kann als Reporterin und ich brauche die Sachen einfach nur noch
00:42:00: in die Redaktion schicken und die verarbeiten das dann und dann ist es auf Sendung und ich
00:42:04: bin aber währenddessen eigentlich schon runters.
00:42:06: Eine dieser neuen Technologien ist natürlich Künstliche Intelligenz.
00:42:09: Wie blickst du darauf?
00:42:12: Weil Künstliche Intelligenz und Lokaljournalismus ist ja ein Thema, das ist jetzt nicht komplett
00:42:18: neu, also da wird ja immer mal wieder drüber gesprochen, ohne jetzt zu tief in Use Cases
00:42:24: einzusteigen vielleicht.
00:42:25: Aber ich finde immer gerade im Lokaljournalismus hat KI zwei Seiten, einmal natürlich, das
00:42:31: ist auf jeden Fall Aufgaben wegnehmen kann, die man halt einfach an die KI auslagern kann,
00:42:37: wenn es um automatisierte Prozesse geht.
00:42:39: Auf der anderen Seite darf man, glaube ich, gerade im Lokalen ist es wichtig, dass die
00:42:45: KI nicht zu viel übernimmt.
00:42:47: Weil sagen, dass man lokal ist, du hast vorhin mal irgendwann schon diese berühmten Ortsmarken
00:42:53: in der Zeitung, da steht die Ortsmarke dabei und das heißt, wir sind in Lokalzeitung.
00:42:57: Zu sagen, man ist lokal und lokal sein, das sind ja nochmal zwei unterschiedliche Dinge
00:43:02: und man darf da, glaube ich, nicht in die Versuchung kommen, zu sagen, wir sind jetzt
00:43:05: noch lokaler, wenn die KI uns jetzt noch den zehnten Text zum zehnten Fußballspiel irgendwie
00:43:11: auf die Seite hebt, den wir sonst vielleicht nicht gehabt hätten.
00:43:15: Das heißt ja nicht, wir sind dann einfach automatisch lokaler.
00:43:18: Also wie blickst du so auf den Einsatz, wie sollte man das gut abwägen, diesen Einsatz
00:43:24: von KI?
00:43:25: Ich sehe den Einsatz von KI mit ganz, ganz großer Vorsicht, weil KI immer nur so gut und richtig
00:43:31: sein kann, wie die Person, die da vorsitzt und sie bedient.
00:43:34: Und unwissend KI zu bedienen kann, unfassbar nach hinten losgehen.
00:43:40: Ich meine, klar, wir operieren jetzt nicht am offenen Herzen, aber wir haben eine Verantwortung.
00:43:44: Und da erwarte ich mir einfach, dass diese Grundeinstellung bei Journalist*innen da ist,
00:43:51: dass wir sagen, okay, wir haben eine gesellschaftliche Verantwortung und wir arbeiten auch so.
00:43:57: Das heißt, ich kann mir jetzt schon von ganz klassisch, jetzt eine Perplexity, eine
00:44:02: ChatGPT, natürlich kann ich mir da manche Dinge abnehmen lassen, dass ich sage, ich
00:44:07: weiß nicht, wie ich es formulieren soll, dann schmeiß ich es halt da mal rein.
00:44:11: Ist überhaupt kein Thema.
00:44:13: Oder kann mir gut Inspiration geben, ich kann gut was gegenchecken lassen.
00:44:16: Ja, keine Ahnung, Homepage-Artikel, bitte schau mir noch mal auf die Zeichensetzung
00:44:22: durch, weil es ist jetzt gerade niemand zum Gegenlesen da.
00:44:24: Ja, bitte, gerne go for it.
00:44:27: Wovon ich kein Fan bin, ist einfach sich irgendwas da ausspucken zu lassen, weil, so wie ihr gleich
00:44:39: das hört.
00:44:40: Ich will mein Gedanken formulieren.
00:44:42: Ich fühle mich als Mensch nicht bedroht von der KI, weil das, was mich als Mensch wichtig
00:44:49: macht, ist meine Menschlichkeit.
00:44:50: Ja, und das ist was, das wird mir die KI niemals nehmen können.
00:44:55: Und jetzt bin ich auch wieder beim Storytelling.
00:44:57: Gutes Storytelling funktioniert über ein Gespür für Menschen, über eine gewisse Empathie,
00:45:03: über das Registrieren von Emotionen, über Zwischentöne und das wird mir die KI niemals
00:45:09: abnehmen können.
00:45:10: Und deswegen sage ich vorsichtig, also es bringt mir vielleicht auch einfach gar nichts.
00:45:17: Und was ich nicht möchte, ist, dass mir zum Beispiel ungekennzeichnet irgendwelche Dinge
00:45:24: von der KI vorgesetzt werden.
00:45:25: Ich möchte auch nicht im Radio von KI-Stimmen bespaßt werden.
00:45:32: Das möchte ich nicht, deswegen höre ich nicht Radio.
00:45:35: Da muss für mich auch was Menschliches rüberkommen.
00:45:38: Deswegen ist diese Menschlichkeit ganz wichtig.
00:45:40: Und das, was ich ganz generell finde, dass wir ganz dringend den Pressekodex anpassen
00:45:47: müssen.
00:45:48: Das ist wirklich eine Forderung von mir.
00:45:50: Ich will, dass das angepasst wird, weil uns das einfach sonst davon galoppiert.
00:45:57: Ich glaube, ein ganz wichtiger Punkt, dass man, auch schon längst überfällig sehe ich
00:46:02: auch, dass man das endlich mal anpassen muss und endlich mal sich Gedanken machen muss
00:46:06: als Branche insgesamt, wie man damit eigentlich umgehen will.
00:46:11: Aber ich finde, um langsam zum Schluss unseres Gesprächs zu kommen, fand was du jetzt gesagt
00:46:17: ist sehr, sehr wichtig.
00:46:18: Das war auch, glaube ich, das, was ich in meinem einleitenden Wort vor der Frage so sagen
00:46:24: wollte, ist, glaube ich, dass gerade im Lokaljournalismus, und ich glaube auch generell im Journalismus
00:46:29: ehrlicherweise, nicht nur im Lokaljournalismus, die Zukunft von Journalismus ist die Beziehung
00:46:34: zwischen Menschen.
00:46:35: Davon bin ich sehr überzeugt, weil nur so kann man Vertrauen zurückgewinnen oder aufbauen
00:46:40: und nicht mit künstlicher Intelligenz so hilfreich sie in Prozessen und so sein kann.
00:46:46: Absolut.
00:46:47: Ich bin da der Erste, der sagt, lass uns so viel wie geht ausprobieren.
00:46:50: Aber es gibt dann Grenzen und ich glaube, gerade Lokaljournalismus lebt halt davon, dass
00:46:55: Menschen sich wahrgenommen fühlen, von anderen Menschen und ihre Lebensrealität abgebildet
00:47:00: sehen.
00:47:01: Es gibt auch auch irgendwelchen Kanälen, das da noch immer ist am Ende, das ändert
00:47:04: sich gerade und da müssen wir natürlich immer mit der Zeit gehen und das Anpassen und
00:47:09: unserer Storytelling überdenken.
00:47:10: Aber das eine bleibt, glaube ich, das Lokal, das Ding, was wirklich nah an uns dran ist,
00:47:18: das wird von Menschen getragen.
00:47:20: Und ich glaube, das ist gerade für den Lokaljournalismus überlebenswichtig, was mich zur letzten Frage
00:47:26: führt.
00:47:27: Wie optimistisch bist du, wenn du auf die Zukunft schon Lokaljournalismus schaust?
00:47:29: Also erst mal, ich schließe mich deinen Worten zu 100 Prozent an und man muss auch immer
00:47:35: denken, ich bin ja auch Unternehmerin, Menschen kaufen von Menschen und es funktioniert beim
00:47:40: Journalismus ganz genau.
00:47:42: So und ich bin total optimistisch, wenn ich in die Zukunft schaue gerade im Lokalen und
00:47:48: vor allem beim Lokaleradio, da sage ich ganz gern, der hat wirklich die Chance auf eine
00:47:53: Renaissance.
00:47:54: Die Zeitungen sterben weg.
00:47:56: Welches Medium hat die Möglichkeit, kostenlos, barrierefrei Informationen zur Verfügung
00:48:04: zu stellen, wenn ich das Lokaleradio ... Ich glaube, wenn sich vor allem die Lokaleradios
00:48:11: jetzt richtig gut aufstellen, wenn die sagen, hey, wir sind bereit, irgendwie Strukturen
00:48:14: umzubauen, dann können die zu einem richtigen Bollwerk werden.
00:48:18: Sie müssen sich nur trauen, das zu machen.
00:48:21: Also der Lokalzeitung, ja, die sehe ich eher tot, zumindest im haptischen Zustand.
00:48:31: Zeitungssterben generell nicht, aber Tageszeitungen sehe ich ... Da bin ich wenig optimistisch
00:48:38: und auch lokal fernsehen zum Beispiel, das hält sich einfach nicht die Waage.
00:48:43: Also das stimmt, die Kosten nutzen, die Relation wird niemals dabei stimmen.
00:48:48: Deswegen eine große Chance fürs Lokaleradio, weil da eigentlich nicht mehr so viel Konkurrenz
00:48:52: ist.
00:48:53: Also wenn es die gut anstellt, dann funktioniert es.
00:48:55: Und ansonsten, Journalismus und Lokalgeschichten zu erzählen, absolut glorreiche Zukunft.
00:49:01: Wie willst du es schaffen, dass irgendetwas nichts mehr mit dir zu tun hat?
00:49:05: Du lebst, wo du bist, wo du atmest.
00:49:08: Also ... Gott, das ist ein wunderbares Schlusswort.
00:49:10: Wie willst du es schaffen, dass das Lokale nichts mehr mit dir zu tun hat?
00:49:14: Weil das funktioniert, glaube ich, nicht.
00:49:15: Und wie wird es dann erzählen?
00:49:16: Du hast ja gerade die Medienformate angesprochen, die wahrscheinlich über kurz oder lang verschwinden
00:49:22: werden, aber das ist ja auch die Chance für neue Formate.
00:49:27: Vielleicht habe ich den Podcast, wir machen ja auch gerade einen zum Beispiel angesprochen.
00:49:30: Ich glaube zum Beispiel, dass darin noch sehr, sehr viel Potenzial für lokale Geschichten
00:49:34: steckt, was wir noch gar nicht so richtig gehoben haben in der hiesigen Medienlandschaft.
00:49:39: Und und und.
00:49:40: Also ich glaube auch, gerade weil die Krisen um uns herum so groß sind, gerade weil das
00:49:46: alles so erdrückend wirkt, das komme ich wieder so ein bisschen zurück zu dem, was ich vorhin
00:49:50: irgendwie erklären wollte mit diesem "Lassen's doch irgendwie ein bisschen mehr auf das
00:49:54: fokussieren, was uns vereint vor Ort", als das immer diese trennenden Geschichten irgendwie
00:49:58: zu erzählen, weil sie halt irgendwie gut klicken, wie man so sagt.
00:50:01: Ich glaube, dass darin für Lokaljournalismus und Leute, die das gerne machen wollen und
00:50:08: irgendwie eine Leidenschaft dafür haben, wie du ja zum Beispiel, dass da einfach eine große
00:50:11: Chance drin steckt, weil das irgendwie das ist, was die Leute da am Ende, am meisten
00:50:16: bewegt.
00:50:17: Und sehe ich auch so.
00:50:18: Und Podcasts hat bei mir auch ganz, ganz viel Potenzial.
00:50:22: Dann nehmen wir das auf jeden Fall mit und ich bedanke mich an dieser Stelle sehr herzlich,
00:50:27: liebe Katja, für deine Zeit und deinen Blick auf Lokaljournalismus im Jahr 2025.
00:50:33: Ich glaube, es ist eine spannende Zeit für Lokaljournalisten gerade.
00:50:38: Das glaube ich auch ganz fest.
00:50:40: Und für die Journalisten generell?
00:50:41: Aber ich glaube auch ganz speziell, weil das Lokale irgendwie eine Chance hat, gerade
00:50:46: wieder eine Renaissance zu erleben.
00:50:48: Und da blicken wir weiter drauf und wir werden darauf hier auch blicken, mit dir zusammen
00:50:54: bei den Lokalrundfunktagen, um da noch einen kleinen Werbeblock am Ende einzubauen.
00:50:59: - Reklame, Reklame.
00:51:00: - Genau, Reklame, Reklame, Werbung, Werbung am 25.
00:51:04: und 26.
00:51:05: Juni sind die dieses Jahr Mittwoch und Donnerstag.
00:51:07: Achtung, liebe Stammgäste, Nichtdienste und Mittwoch wie sonst?
00:51:10: Dieses Jahr Mittwoch und Donnerstag, 25.
00:51:13: und 26.
00:51:14: Juni.
00:51:15: Das Programm ist vor kurzem online gegangen.
00:51:16: Das werde ich natürlich in die Show Notes packen.
00:51:18: Da könnt ihr mal reinschauen.
00:51:19: Unterwertet ihr ein Panel mit dem Titel "Go Local and Trust" entdecken, was von Katja
00:51:26: Elnitzki moderiert wird.
00:51:27: Und da werden wir sicherlich einiges von dem, was wir heute besprochen haben, dann auch
00:51:31: noch mal mit den Gästen vertiefen.
00:51:34: Darauf freuen wir uns schon mal sehr.
00:51:36: Und bis dahin wünsche ich dir alles Gute.
00:51:39: Und dann sehen wir uns in Nürnberg.
00:51:41: - Ich danke dir Lukas für die Einladung.
00:51:44: Es hat Spaß gemacht.
00:51:45: Die eine oder andere Frage hat mich ganz schön ins Grübeln gebracht.
00:51:49: - Das ist nicht das Schlechteste manchmal.
00:51:51: - Nein, das ist super.
00:51:53: Und ich freue mich auch auf Nürnberg.
00:51:55: Wir sehen uns da.
00:51:56: - Super, vielen Dank.
00:51:57: Und auch euch, liebe Hörerinnen und Hörer, verabschiede ich an dieser Stelle.
00:52:02: Und den einen oder anderen von euch sieht man sicherlich auch in Nürnberg.
00:52:05: Und ihr kennt es von mir, macht es gut, bleibt stabil.
00:52:09: Und bis zum nächsten Mal.
00:52:11: This is Media Now.
00:52:13: Das Update für alle, die Medien machen.
00:52:40: [end]
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