Folge 164: "Nicht neutral gegenüber dem eigenen Betriebssystem" – die Verantwortung von Medien im demokratischen Diskurs

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00:00:00: Beleidigend

00:00:00: und erniedrigend ist die Tonalität von Videos, die die meiste Reichweite hervorrufen,

00:00:08: reflektiert

00:00:08: und empathisch und unterhaltsam, das ist

00:00:10: vielleicht

00:00:11: die gute Botschaft dabei, sind

00:00:13: knapp dahinter

00:00:15: die Videopost von der Tonalität her, die eben auch auf entsprechende Reichweiten

00:00:21: kommen.

00:00:21: weniger interessant und weniger

00:00:24: stark gutiert

00:00:25: sind die

00:00:25: informativ sachlichen

00:00:27: und ermutigend und positiven Videos.

00:00:29: Ein eher gemischter Befund, kann man sagen, den Professor Klaus Goldhammer von Goldmedia, da er bei den Medientagen vorgestellt hat.

00:00:37: Er hat im Auftrag von BLM und LFK zur Bundestagswahl-Zw-W-E-N-W-E-N-W-E-N untersucht, welche Parteien und politische Akteure auf welchen Plattformen aktiv waren und mit welchen Themen, Emotionen und Tonalitäten sie Aufmerksamkeit erzeugt haben.

00:00:54: Die Befunde lassen sich aber auch auf Medien übertragen, würde ich sagen, und das führt unweigerlich zu der Frage, welche Verantwortung Journalismus im Kontext dieser Mechanismen hat.

00:01:06: Darum geht es in dieser Folge, unter anderem in einem Gespräch mit Jutta Brennauer von den neuen deutschen Medienmacherinnen, die dafür Tausende Posts und Kommentare ausgewertet haben.

00:01:17: Jetzt geht's los.

00:01:36: Mein Name ist Luca Schöne und ich begrüße euch zu dieser Folge unseres Podcasts.

00:01:42: Mit der Analyse von Klaus Goldhammer vom Beginn im Ohr kommen wir vor der Verantwortung von Medien.

00:01:47: Schnell erstmal zu der Rolle, die die Plattformen haben und wie die den demokratischen Diskurs mitbestimmen wollen.

00:01:55: Ja, diese Rolle ist unter anderem für Markus Becadal, Gründer vom Zentrum für Digitalrechte und Demokratie und der Republik.

00:02:02: Ja, keine gute Rolle, kann man, glaube ich, so sagen.

00:02:05: Wir haben uns abhängig gemacht von Öffentlichkeiten, die in der Hand von privaten Unternehmen sind, die teilweise in der Hand von einzelnen Personen sind, wo ein Elon Musk über Nacht entscheiden kann, wie die Algorithmen Realität formen und damit auch unsere Öffentlichkeit formen.

00:02:20: Das ist zu viel Macht in der Hand einzelner Personen und wir wissen, Diese Macht wird missbraucht.

00:02:26: Bei Elon Musk ist es offensichtlich.

00:02:28: Bei Facebook ist es so, dass es ein sehr gutes Whistleblower-Book gibt, von der Sarah Wine Williams, der ehemaligen Facebook-Lobbyistin.

00:02:37: Die beschreibt eine Zähne aus dem Aufsichtsrat, wo Peter Thiel und Mark Andresen zwei rechtsaußen Tech-Milliardäre drin saßen.

00:02:44: Und sie beschreibt das so, dass dort diskutiert wurde, ob man nicht in Deutschland, in anderen europäischen Ländern rechtsradikale Parteien verstärken sollte, um sich ein besseres Regulierung zu... Klima zu verschaffen.

00:02:57: Solange wir nicht wissen, wie diese Mechanismen funktionieren, müssen wir davon ausgehen.

00:03:02: Sie machen das und manipulieren unsere Demokratie.

00:03:05: Um dagegen anzugehen, müssen wir auf den obersten Ebenen anfangen, sagt er.

00:03:10: Also wir müssen Macht begrenzen, wir müssen Kartell und Wettbewerbsrecht durchsetzen über den DMA, wir müssen Algorithmen regulieren über den DSA, wir müssen das jetzt machen und nicht ewig warten, weil der Rechtsstreit kommt noch.

00:03:21: und wir müssen demokratische Öffentlichkeiten fördern.

00:03:24: Und ich glaube, hier liegt eine große Chance in der Europäischen Union, aber auch in Deutschland.

00:03:28: Öffentlichkeiten auf Basis von offenen Standards zu fördern, zu ermöglichen, damit wir morgen Wahlfreiheit haben und uns aus der Abhängigkeit von wenigen Unternehmen aus dem Ausland befreien können, die einfach Plattformen geschaffen haben, denen wir nicht mehr vertrauen können.

00:03:42: Regulierung, Grenzensätzen und selbst eine unabhängige, offene digitale Infrastruktur schaffen, das sind die großen Lösungen, die Politik, Gesellschaft und Medien gemeinsam angehen müssen.

00:03:54: Aber natürlich haben auch die Medien im Speziellen eine Verantwortung für den demokratischen Diskurs, sagte zum Beispiel RTL-Deutschland-Chef Stefan Schmitter beim Gipfel der Medien-Tage.

00:04:04: Ja, ich glaube, wir haben alle, wie wir hier sitzen, eine große gesellschaftliche Verantwortung.

00:04:08: Das müssen wir auch klar rausstellen, weil wir können wir nicht nur sagen, das ist Algorithmus, KI und Social Media, wir müssen bei uns selber anfangen.

00:04:14: Und da gehören alle Debatten dazu, wenn man die Debatte nimmt über die Kolleginnen bei der ARD, die dann für sozusagen eine andere Stimme eingesetzt wurde, damit man auch mal eine andere Stimme in der ARD hat, dann ist es ja ein Stück weit auch absurd, weil ihr habt tausend von Journalisten, da muss man sich fragen, da muss es doch mehr Stimmen gehen.

00:04:29: und wo zeigen die taktägliche Verantwortung?

00:04:31: Oder wir in unseren einzelnen Gattungen, die wir haben im TV, aber auch im Lokalradio, gerade hier in Bayern, da muss man jeden Tag sich selbst daran erinnern, welche Verantwortung man trägt und das muss man auch ganz bewusst machen, das tun wir auch.

00:04:43: Auf der anderen Seite muss man auch, finde ich, klar benennen, eben was auf der anderen Seite passiert.

00:04:48: KI Algorithmus Social Media und Social Media ist ja nicht nur Fake News, sondern es passiert eine andere Sache, die Sie auch angesprochen haben.

00:04:55: Es gibt jetzt in Südkorea ein neues Schulfach, das heißt telefonieren mit dem Handy.

00:05:01: Weil die Kinder nicht mehr gewohnt sind, zu sprechen, sondern einfach nur noch schreiben, wischen und spalten.

00:05:06: Und natürlich geht es vordergründig, um tatsächlich, wie ist das Gerät, als Telefon zu benutzen.

00:05:11: Aber es geht hintergründig, wenn man mit den Lehrern und den Dozenten dort spricht, darum, dass die Kinder wieder lernen müssen, zu sprechen.

00:05:17: Und ich denke, es ist kein Kinderthema, sondern es ist unser Thema, dass wir viel zu sehr auf irgendwas reagieren, das wir schreiben, aber dass die echte Auseinandersetzung der Diskurs nicht stattfinden.

00:05:26: Und wir müssen solche Räume schaffen, dass wir miteinander sprechen, Kinder wieder lernen, richtig zu diskutieren, auch Meinungen auszuhalten und sich klar zu artikulieren.

00:05:35: Und das sind alles Gefahrenpotenziale, die wir haben.

00:05:37: Und ich glaube, wir hier, wie wir sitzen, haben eine große Verantwortung.

00:05:41: Und egal, ob uns man manchmal unterstellt wird, wir würden nur noch ältere Generationen erreichen.

00:05:44: So ist es ja nicht, die ARD nicht, wir nicht, sondern auf allen Wegen, dass wir dort tagtäglich etwas dafür tun für unsere Verantwortung und dann am Ende auch für die Demokratie.

00:05:54: die der öffentlich-rechtlichen Medien und hat sich dabei auf die Diskussion um das Format klar der ARD bezogen.

00:06:03: Gerade dem öffentlich-rechtlichen wird ja gerne vorgeworfen, er käme seiner Verantwortung nicht nach, weil er zu links lastig sei und konservative Stimmen nicht genug zu Wort kämen.

00:06:13: Dem Vorwurf trat ARD-Vorsitzender Florian Hager beim Medientage-Gipfel entschieden entgegen.

00:06:19: Das ist natürlich eine Frage, die ich ganz klar mit Nein beantworten will, weil es geht hier, glaube ich, nicht um eine Links-Rechts-Diskussion.

00:06:26: Und das war, glaube ich, auch ein paar Diskussionen und ein Beitränk vorher auch schon mit drin.

00:06:31: Es geht nicht darum, wer politisch sich links oder rechts fordert.

00:06:34: Und es gibt im Übrigen Studien, die das widerlegen, kann man auch mal klar sagen.

00:06:37: Ich weiß, dass Fakten manchmal nicht so mehr so wichtig sind in der Diskussion, aber es gibt klare Studien, die das widerlegen.

00:06:42: Wenn es jetzt festgemacht wird an bestimmten Personen oder an bestimmten auch Sendungen, dann wird da ein bisschen hintangestellt, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk täglich leistet.

00:06:53: Wir schaffen über tausend, zweitausend Stunden audiovisuellen Content jeden Tag.

00:06:59: Wir sind in der Region stark, wir sind im Rad doch stark, wir sind im Fernsehen stark.

00:07:03: Das zu reduzieren auf eine oder zwei Personen, die in der Diskussion nach vorne stechen, halte ich für auch bei allem Respekt für die Personen und für die Journalisten, halte ich für zu kurz gegriffen.

00:07:12: Aber der Punkt der Perspektivenvielfalt ist einer und es ist nicht nur links und rechts im politischen Spektrum.

00:07:18: Und das ist wichtig.

00:07:19: Und da haben wir ein Thema, und das geben wir dran.

00:07:21: Wir wollen die Perspektivvielfalt, wir wollen Raum schaffen für Menschen, dass sie miteinander in die Diskussion kommen können.

00:07:27: Digital, aber auch im echten Leben, das halte ich auch für extrem wichtig.

00:07:30: Da tun wir auch total viel.

00:07:32: Aber das müssen wir weiter ausbauen.

00:07:34: Ich würde das einfach nur gerne weiten.

00:07:35: Es ist keine Links-Rechts-Diskussion, sondern eine Perspektivvielfalt-Diskussion.

00:07:39: Die Vielfalt der Perspektiven zeigen.

00:07:41: Abseits vom Schwarz-Weiß-Denken, abseits von extremen Positionen, das ist wohl eine der größten Verantwortung, die Medien haben.

00:07:49: Auch Autorin und Podcasterin Jagona Marinic sieht das so und fordert, dass Medien darin besser werden müssen, eben nicht immer die verkürzte Schwarz-Weiß-Sicht abzubilden, sondern mehr Ansichten zuzulassen, mehr Tiefe.

00:08:03: Wie sie das in ihrem Podcast Freiheit Deluxe versucht.

00:08:06: Also ich habe mit Freiheit Deluxe begonnen.

00:08:08: während der Covid-Debatten, weil ich da schon bemerkt habe, es gibt kaum mehr die Möglichkeit, ein Freiheitsthema zu setzen, ohne, was auch du jetzt gleich in der Moderation gesagt hast, auf diese anderen Kräfte hinzuweisen.

00:08:20: Es gibt aber gar nicht nur diese anderen Kräfte.

00:08:22: Es gibt eine Vielzeit von Menschen, Lebenswelten in Deutschland, die medial unterrepräsentiert sind.

00:08:28: Wir haben eigentlich nur seit Pegida so ein bisschen ein Rechtsaußenfetischismus, also während nur die unterpräsentiert.

00:08:34: Also wir haben sehr viel Lebenswelten.

00:08:36: Und die Podcast Freiheit Deluxe.

00:08:37: Ich versuche diesen Raum zu nutzen, um uns wieder rauszubringen aus diesem he said, she said Journalism, wo dann gleich andere kommen und sagen, jetzt müssen wir das diskutieren.

00:08:48: und ich versuche mir den Luxus zu gönnen.

00:08:50: Das ist in dieser Zeit ein Luxus, die Vertiefung zu wagen.

00:08:53: Denn vor lauter pro-kontra Diskussionen, auf die wir uns gerade fokussieren, gelingt uns ja gar nicht mehr, die Themen wirklich in ihrer Weite zu verstehen, die Vielheit der Angebote, die wir haben bei Lösungen.

00:09:05: Wir tun gerade immer so, als Gäber ist den da und den da.

00:09:08: Dann gibt es das aktuelle Battle.

00:09:10: Das ist bei uns Diskussion.

00:09:12: Diskussionen sind aber vielleicht vier oder fünf Möglichkeiten.

00:09:15: Und bevor ich gut über vier oder fünf Positionen diskutieren kann, muss ich auch eine gewisse Vertiefungskultur erlauben.

00:09:22: All das ist im Moment nicht möglich.

00:09:23: Und natürlich kann mein Podcast alleine das nicht retten.

00:09:26: Aber ich wollte anbieten, dass wir auch in diesen Zeiten das Recht haben, hinzuhören, dass wir nicht nur wie in Talkshows auf neunzig Sekunden maximal drei Minuten auf Positionen, Gegenpositionen sondern dass wir einen Publikum haben, Zuhörer, die verdichten wollen, die gerne zuhören, die die Schleifen mitgehen wollen, die auch danach noch mal mehr wissen wollen, als sie vorher dachten, dass sie wissen können und dass wir auch nicht nur, also wir brauchen eine gute Streitkultur, aber wir brauchen auch eine gute Informationskultur.

00:09:57: Wir vergessen manchmal, dass uns Fakten fehlen, Informationen, dass wir in einem Meinungsbattle sind, bevor wir im Informationsanreignungsprozess sind.

00:10:06: Ich würde einfach gerne noch mal an der Stelle sagen wollen, wir reden ja hier ganz viel über die Gefahr für die Demokratie und sind alles Medienschaffende.

00:10:15: Und da ist mir ganz wichtig, heute zu sagen, die Gefahr für die Demokratie ist ja immer auch eine Gefahr für die freien Medien.

00:10:20: Das geht Hand in Hand.

00:10:22: Und in dieser Situation kann natürlich... dass die freien Medien nicht neutral sein.

00:10:29: Ich kann nicht neutral sein gegenüber dem Betriebssystem, in dem ich laufe.

00:10:34: Und wenn ich das mit bedenke, dass die Art und Weise, wie ich in diesem Betriebssystem laufe, eine parallele Bilder zu dieser Demokratie, dann sind wir derzeit beide gleichermaßen in Gefahr.

00:10:45: Und für mich bedeutet das, was ich von der Politik fordere, nämlich vernünftiges Agenda-Setting, Zukunftsvisionen, Lösungsorientierungen, dass ich das auch in meinen medialen Arbeitenversuche anzubieten.

00:10:56: Man kann nicht neutral sein gegenüber dem Betriebssystem, in dem man läuft.

00:11:02: Ja, der Satz hat bei mir echt Nachgehalt beim Gipfel, muss ich sagen.

00:11:06: Und wieso eine Stärkung des eigenen Betriebssystems aussehen könnte, das hat bei den Medientagen unter anderem Professor Rainer Nübel von der Hochschule Fresenius Heidelberg ausgeführt.

00:11:17: Er hat mit Nadia Sabura und Daniel Rölle das Buch Medien zwischen Macht und Ohnmacht geschrieben und hat sich die Frage gestellt, wie Journalismus Vertrauen zurückgewinnen kann.

00:11:30: die Unterstützung, die Förderung der demokratischen Zivilgesellschaft als Hauptaufgabe zu definieren.

00:11:38: Ich glaube mittlerweile nicht, das zeigen auch Studien, dass viele schon wissen, damit Probleme hätten.

00:11:42: Es geht nicht darum, Distanz dieser Fetisch, denn auch ich, wie eine Monstranz, vor mir hergetragen habe, diese distanz, kritische Distanz gegenüber behörden Politik, Wirtschaft und Ko aufzubrechen, zu reduzieren, sondern... auch nicht unbedingt was vorher einen kleinen Halbungsjournalismus zu praktizieren, sondern zu sagen, die Demokratie steht enorm unter Druck und es ist Aufgabe der Medien als ein Bestandteil dieser Gesellschaft.

00:12:09: Diese Zivilgesellschaft, die im Moment, auch das war ja in den Panels zuvor immer der Thema, die die Mehrheit darstellen, immerhin noch mindestens siebzig Prozent die demokratische Partei wählen,

00:12:21: aber

00:12:22: sie selber nicht mehr so stark äußern.

00:12:24: Die Lauden sind eher die in der Minderheit sind.

00:12:27: Wie gelingt es dann also, dass man eben neben den klassischen journalistischen Aufgaben vielleicht diese Forderung von dem Organischer Zivilgesellschaft umsetzt?

00:12:36: Wir meinen, dass das auch in ökonomisch interessant sein könnte, wenn man zusätzlich zum bestehenden Geschäftsmodell moderierend wird, gerade im lokalen und regionalen Journalismus.

00:12:48: Was meinen wir damit?

00:12:49: Wir haben in den Lokalenräumen die große Möglichkeit, viel flexibler zu sein, also in den großen Gebilden von Landes- oder Bundesebenen.

00:12:58: Das sieht man in Smart Cities wie Barcelona, aber eben auch in deutschen Städten, dass Dinge löstbar sind.

00:13:05: Und je mehr Bürgerinnen und Bürger morgen, dass Dinge löstbar sind unter Mitwirkung von ihnen selbst.

00:13:10: Also partizipativ gewinnen sie Vertrauen in den Staat, hoffentlich dann aber auch in die Medien zurück.

00:13:17: Die Unterstützung der demokratischen Zivilgesellschaft und mehr Perspektiven, das sind also zwei große Handlungsfelder für die Medien und das alles in einem Umfeld, das Polarisierung fördert.

00:13:29: Keine leichte Aufgabe, kann man sagen.

00:13:32: Wie können JournalistInnen also auf den digitalen Plattformen angemessen über sensible Themen vor allem auch berichten?

00:13:38: In einem Umfeld eben wie gesagt in dem Clickbait und verkürzt Zitate die Aufmerksamkeit auf Sicht ziehen.

00:13:45: Gerade wenn es um Themen geht wie Migration, den Islam oder die Darstellung von Kriminalität.

00:13:52: Ja, da gehen differenzierte Stimmen

00:13:53: oft

00:13:54: unter.

00:13:55: Dabei wären gerade sie in diesem Feld so wichtig.

00:13:59: der Einwanderungsgesellschaft sind umkämpft und der Journalismus wird da schnell zum Getriebenen bei solchen Themen.

00:14:06: Wie genau das Bild dabei ist, welche Muster es in diesen Feldern in der Berichterstattung gibt und wie man es vielleicht anders machen könnte, das wollten die neuen deutschen MedienmacherInnen herausfinden und darüber durfte ich bei den Medientagen München sprechen mit Jutta Brennauer.

00:14:22: Sie ist Projektleiterin Innovation und Learning bei den neuen deutschen Medienmacherinnen und war zuständig für das Projekt Better Post, wo es um all das ging.

00:14:37: Liebe Jutta, schön, dass du da bist.

00:14:39: Ja, hallo, danke für die Einladung.

00:14:41: Sehr, sehr gerne.

00:14:42: Ihr habt da ja ein sehr spannendes Projekt umgesetzt mit den neuen deutschen MedienmacherInnen, für das ihr Tausend Siebenhundert Medienpost und Fünfundachtzigtausend Kommentare habe ich gelesen, analysiert hat.

00:14:53: Das sind ja ein paar.

00:14:55: Es ging um Berichterstattungen zu Thema Flucht, Islam, Kriminalität, Themen, die ja häufig diskutiert werden, häufig auch auf bestimmte Art und Weise diskutiert werden.

00:15:06: Da werden wir jetzt natürlich darüber sprechen.

00:15:09: Wie würdest du so insgesamt den Eindruck beschreiben, den ihr gewonnen habt nach dieser Analyse?

00:15:16: Wie wird über diese Themen berichtet, speziell auf den sozialen Medien?

00:15:20: Genau, wir haben dieses Monitoring im Rahmen unseres Projects Better Post gemacht.

00:15:25: Wir haben übrigens diese tausend, siebenhundert Posts und eighty-fünftausend Kommentare nicht alle selbst gelesen.

00:15:31: Das

00:15:31: wäre ja auch furchtbar, wahrscheinlich.

00:15:34: Vor allem wenn wir über die Kommentare sprechen, ziemlich furchtbar.

00:15:39: Aber wir haben das quantitativ erhoben, zur Methode kann ich gleich noch was erzählen und haben das als Teil von Throne Shift gemacht, einem Netzwerk gegen Hass.

00:15:49: Netz- und Desinformationen, also das ist unser Fokus.

00:15:52: Das heißt, es geht uns im Monitoring darum, wie redaktionelle Social Media Post, also Post von Medienhäusern über Themen der Einwanderungsgesellschaft berichten, mit welcher Sprache und Bildsprache und wie diese Sprache, also ob und wie sie zusammenhängt mit Rassismus in den Kommentaren.

00:16:10: Und zusammenfassen kann ich sagen, dass es ja, es gibt einen Zusammenhang und die Berichterstattung über die Einwanderungsgesellschaft, die Sprache, die Bildsprache macht einen Unterschied und beeinflusst eben auch, welche Debatten in den Kommentaren geführt werden.

00:16:27: Wir konnten diese Zusammenhänge sogar statistisch nachweisen.

00:16:31: Einerseits ist es eben entscheidend, welche Sprache die Redaktionen wählen, welche Fragen sie der Community stellen, entsprechende Antworten gibt es dann auch, oder welche Bilder sie eben auswählen.

00:16:43: Und das kann dann im schlimmsten Fall eben zu Rassismus, Rassistischen Hass oder Desinformationen... über Migration führen.

00:16:50: Und das heißt für uns, dass die redaktionelle Verantwortung eben nicht mit dem Posten aufhört, sondern auch in den Kommentaren weitergehen muss.

00:16:58: Also da die große Verantwortung natürlich die Medien schaffenden zu ja tragen halt auch wie eine Debatte geführt wird, weil sie halt dann den Ton natürlich setzt mit dem Post, mit der Auswahl von Bildern, mit der Auswahl der Überschrift und so weiter, werden wir sich vielleicht ein bisschen noch im Detail gleich darüber sprechen.

00:17:17: Aber du hast die Methodik ja schon kurz angedeutet.

00:17:20: Ich glaube, das ist wichtig, um zu verstehen, was du da genau gemacht habt.

00:17:24: Wie seid ihr da vorgegangen und vor allem welche Posts, von welchen Absendern, von welchen Medien habt ihr euch da so angeschaut?

00:17:32: Wir haben das im Jahr zwanzig, dreinzwanzig und vierundzwanzig gemacht mit Berichten aus dem Jahr zwanzig, zwanzig und aber eben mit diesem riesen Datensatz von über zwanzig Redaktionen und acht Zickkanälen auf Instagram und X bzw.

00:17:51: damals war es noch Twitter.

00:17:53: Und wir haben dafür eine Schlagwortliste zusammen mit migrantischen Selbstorganisationen entwickelt mit über siebenhundert rassistischen Begrifflichkeiten.

00:18:03: Also diese Liste ist wirklich ziemlich eklig und haben dann eben geschaut, ob es einen statistischen Zusammenhang gibt zwischen den Wörtern in die Postingsvorkommen, also rassistisch konnotierten Wörtern in Posts.

00:18:16: und in den Kommentaren.

00:18:17: Und dann haben wir uns außerdem noch journalistische Stilmittel angeschaut, die viel auf Social Media verwendet werden.

00:18:22: Also zum Beispiel werden generalisierende Aussagen getroffen über marginalisierte Communities außerhalb der weißen Dominanzgesellschaft.

00:18:32: Werden Fragen gestellt, um die Interaktion eben zu generieren.

00:18:35: Und wenn ja, was macht das mit den Kommentarverhalten?

00:18:39: Gibt es dann mehr rassistische Wörter in den Kommentaren?

00:18:45: Also so ein journalistisches Basic werden die W-Fragen beantwortet.

00:18:49: Und wenn, ja, was macht das wiederum mit der Debatte in den Kommentaren?

00:18:54: Und da kann ich schon mal sagen, vielleicht kurz noch Generalisierungen und die Fragestellungen bei solchen sensiblen Themen der Einwanderungsgesellschaft führen zu mehr rassistischen Kommentaren, während die Beantwortung der W-Fragen als ein positives Ergebnis dazu führt, dass tatsächlich weniger Rassismus in den Kommentaren.

00:19:15: Überraschung.

00:19:15: So ein journalistisches Handwerk hilft auch bei Versachlichung von Debatten.

00:19:20: Ein richtiges journalistisches Basic, das wir da nochmal unterstreichen können und das ganz unabhängig von der Plattform.

00:19:28: Also fast eine gute Nachricht am Ende.

00:19:31: Wenn man seinen Job richtig macht, dann werden Debatten weniger hasserfüllt geführt, als wenn man halt auf das Clickbait am Ende geht oder auf die Verkürzung, weil man glaubt oder denkt, dass die Plattform halt irgendwie erforderlich machen.

00:19:46: Du hast gerade schon gesagt, dieses Jahr X, damals noch Twitter, das zeigt ja, ihr habt ja schon einen längeren Zeitraum euch angeschaut.

00:19:54: Also drei Jahre lief die Auswertung.

00:19:57: ja, was ja in der digitalen Welt generell in unserer Welt eine unglaublich lange Zeit ist, wenn wir sehen, wie sich Dinge, wie schnell sich Dinge auch verschieben, verändern, wie schnell Debatten auch eine andere Richtung bekommen.

00:20:09: Ich meine, wir haben die Wahl Donald Trumps gesehen, die da auch wieder ganz viel verändert hat.

00:20:13: Wir haben einen Regierungswechsel in Deutschland.

00:20:16: erlebt Anfang diesen Jahres, der ja auch... den Ton anders setzt.

00:20:23: Wie wirkt sich diese Zeit spannend?

00:20:25: Erkennt man Veränderungen in den Mustern über die Jahre?

00:20:28: Ja, also wir haben eben diese quantitative Analyse, um vierundzwanzig abgeschlossen, aber mit einem eben schon älteren Datensatz.

00:20:35: Und da gebe ich dir total recht.

00:20:37: In der Zeit ist so viel passiert.

00:20:39: Deswegen haben wir auch mit unserem Monitoring weitergemacht und machen das immer noch allerdings jetzt auf einer qualitativen Ebene.

00:20:45: Das heißt, wir monitoren weiterhin diese über zwanzig Medienhäus.

00:20:49: ist er kontinuierlich als neuer deutsche MedienmacherInnen und wir beobachten jetzt eben... Also Fallbasiert, bestimmte Ereignisse und Debatten und Monitorn dazu, Posts und Kommentare.

00:21:05: Und was wir in dieser Zeit festgestellt haben, ist schon, dass es mehr Sensibilisierung für Sprache gibt in einigen Medienhäusern.

00:21:14: Leider nicht in allen.

00:21:16: Also es uns fällt zum Beispiel auf, dass schon weniger eindeutig rassistische Wörter verwendet werden.

00:21:21: Zum Beispiel eine häufig rassistischer verwendeter Begriff.

00:21:27: klaren, den gibt es leider immer noch, aber diese sehr eindeutig rassistischen Wörter, ich möchte sie gar nicht reproduzieren, sehen wir seltener.

00:21:37: Außerdem werden auch mehr Selbstbezeichnungen von Medienhäusern genutzt, wie zum Beispiel schwarze Menschen.

00:21:44: Und was wir auch sehen, das geht jetzt ein bisschen weg nur vom Inhalt, sondern in den Social-Media-Redaktionen, in den Medienhäusern hat sich viel getan.

00:21:54: Sie entwickeln eigene und auch Plattformen spezifische Formate, zum Beispiel auch Fact-Checking-Formate, wie der Fakten-Check von Funk zum Beispiel auf TikTok.

00:22:04: Also solche auch innovative, plattformspezifische Formate sehen wir, die entwickeln sich, aber das ist ziemlich groß geschrieben leider.

00:22:13: zehn Jahre nach, wir schaffen das, das haben wir ja diesen Sommer in Anführungszeichen gefeiert.

00:22:19: Lesen wir jetzt in den Medien wieder Deutschland sei das geschaffte Land.

00:22:23: Wir sehen das rechtsextreme und problematische Wordings wie zum Beispiel Remigration oder irreguläre Migration, Migrationsdeckel.

00:22:34: und alles um das Stadtbild rundherum unkritisch übernommen werden von Medien.

00:22:41: Und das zeigt für uns das Rechtsextreme, den Diskurs in der Migrationsdebatte mittlerweile zehn Jahre nach wir schaffen, das maßgeblich verschoben haben.

00:22:51: Da hat sich viel geändert und gerade auf Social Media, wo eben Rechtsextreme Stimmen und Parteien besonders stark sind, fällt uns das auf.

00:23:00: Also ich versuch das mal so irgendwie zusammenzufassen.

00:23:04: Auf der einen Seite so bei so ganz eindeutigen Begriffen gab es schon irgendwie ein Lerneffekt über die vergangenen Jahre, Jahrzehnte wahrscheinlich auch, wenn man es noch ein bisschen weiter zurück verfolgt, dass gewisse Dinge nicht mehr gehen.

00:23:18: Es ist auf jeden Fall eine größere Awareness da.

00:23:20: Auf der anderen Seite dieses... Übernehmen, was jetzt nicht, also dieses Übernehmen von Narrativen, wo es gar nicht um so krasse Begriffe geht, sondern also schleichende Übernahme von, du hast ja das Wort der Remigration zum Beispiel in einem großen Anführungszeichen genannt, was ja auch so den Eingang gefunden hat nach der Korrektivrecherche, leider auch irgendwie in den alten Sprachgebrauch von

00:23:44: Medien.

00:23:45: Das ist dann so ein bisschen die gegenteilige Entwicklung, muss man sicherlich auf jeden Fall immer wieder darauf hin.

00:23:52: dieses Wiederholen von Narrativen, dass das ein großes Problem ist und diese einfach abbilden, kommen wir gleich auch noch drauf.

00:23:59: Aber du hast ja auch die Stadtbilddebatte, auch da ein Anführungszeichen angesprochen.

00:24:05: Wie wirkt sich sowas aus, auch auf dann, wie kommentiert wird und wie Medien darüber berichten?

00:24:11: Also wie könnte man das darüber berichten, ohne das ständig wieder zu reproduzieren?

00:24:17: Also erst mal glauben wir, dass die Aufgabe von demokratischen Medien ist, migrationsfeindliche Narrative und auch Falschinformationen zu erkennen, zu benennen und eben auch Fakten basiert zu widerlegen.

00:24:31: Und gleichzeitig ist aber schon auch die Frage, ob und wann rassistische Narrative auch reproduziert werden müssen.

00:24:40: Also vor allem, wenn diese Erzählungen auch nicht neu sind, wenn immer wieder Einwanderung zu bedrohen.

00:24:46: und zu einer Frage der Sicherheit gemacht wird und es darum geht, eigentlich um eine vermeintlich deutsche Kultur in Anführungszeichen zu konstruieren.

00:24:57: Und wir glauben schon auch, dass es eine Frage des Agenda-Settings ist.

00:25:01: Also sollten, die Medien sollten sich jetzt auch nicht bei allen Turbulenten und in diesen turbulenten politischen Zeiten von politischen Akteuren treiben lassen und bezogen auf die aktuelle Debatte Zitate von Politik.

00:25:15: in den Müssen nicht eins zu eins übernommen werden.

00:25:18: Es müssen auch keine Umfragen gemacht werden, ob diese Aussage problematisch ist oder zugestimmt wird oder nicht, weil sie damit einfach auch problematische migrationsfeindliche Narrative reproduzieren.

00:25:34: Genauso, dass jetzt noch mal erweitern, müssen rechtsextremen nicht interviewt werden und vor allem nicht so interviewt werden, als wären sie wie jede andere Partei.

00:25:46: Und wir denken einfach, dass die Aufgabe von Journalismus ist, auch konstruktive und neue Narrative zu schaffen, statt immer den... alten Debatten nachzurennen.

00:25:58: Bei den Medientagen wurde es auch ein paar Mal schon gesagt, dieser Er sagt, sie sagt, Journalismus ist irgendwie wenig zielführend.

00:26:05: oft, wenn man einfach nur abbildet, was jemand sagt, ohne es einzuordnen, einen Kontext zu setzen, was das Problematische an gewissen Aussagen ist.

00:26:14: Du hast gerade schon gesagt, Medien lassen sich ein Stück weit treiben, ja auch vom politischen Druck.

00:26:19: Wie erkennt man das auch vielleicht auch in euren Auswertungen?

00:26:22: Also ich denke zum Beispiel an die Nennung von Nationalitäten bei Straftaten.

00:26:26: und dann überhaupt, welche Straftaten werden überhaupt aufgegriffen, welche nicht, kann man da dazu was sagen, wie sehr sich Medien dann auch treiben lassen von einem bestimmten politischen Druck, um dann solche Dinge über solche Dinge zu berichten und dadurch ein Ungleichgewicht vielleicht entsteht.

00:26:42: Ja, ich bleibe dann mal bei dem Beispiel, das wird es genannt, als der Herkunftsnennung.

00:26:47: Eigentlich ist das ja ganz gut geregelt gewesen, jahrelang durch den Pressekodex, dass Herkunft nur dann genannt werden darf, wenn es einen begründeten Sachbezug gibt.

00:26:57: So wurde das genannt und leider wurde die Richtlinie dann nach der Kölner Silvester geändert und seitdem reicht ein begründetes öffentliches Interesse, um die Herkunft zu nennen.

00:27:07: Das heißt, jetzt ist der Journalismus einfach noch mal mehr gefragt, das auch abzuwägen.

00:27:13: wann oder ob es denn so ein begründetes öffentliches Interesse tatsächlich gibt.

00:27:18: Und was seitdem auch passiert ist, ist, das hat zum Beispiel gerade eine aktuelle Studie von Mediendienst Integration gezeigt, dass wenn die Herkunft von Tatverdächtigen genannt wird, dann ist das also größtenteils wirklich zu neunzig Prozent dann, wenn die Tatverdächtigen nicht deutsch sind.

00:27:37: Und das hat, wenn man da die Kriminalitätsstatistik daneben liegt, wirklich nichts mehr.

00:27:41: mit der Realität zu tun.

00:27:44: Das ist also einfach eine verzerrte Darstellung.

00:27:48: Und das sehen wir zum Beispiel auch in diesem Jahr an der Berichterstattung über den Anschlag in Mannheim.

00:27:54: Sobald klar wurde, dass der Fahrer des Autos die deutsche Staatsbürgerschaft hat, haben sich die Medien plötzlich sehr viel weniger für diesen Anschlag interessiert.

00:28:06: Da gibt es auch eine Analyse von IpMedia, die dann sogar nachweisen konnte, dass das Interesse nur halb so groß war wie zum Beispiel bei Anschlägen von Magdeburg und München.

00:28:18: Was wir glauben an der Stelle ist einfach die Verantwortung von Medien hier abzuwägen, ob und welchen Sinn diese Herkunftsnennung haben soll und vor allem abzuwägen, weil es einfach kein wissenschaftlichen belegten Zusammenhang gibt zwischen Herkunft und Kriminalität.

00:28:36: Kriminalität wird nicht angeboren und die wirklich auch wissenschaftlich belegten Faktoren, die mit Kriminalität zusammenhängen, sind Alter, Geschlecht und soziale Lage.

00:28:48: Und darüber wäre, das finde ich mal wert zu berichten.

00:28:53: Über zum Beispiel Patriarchale Strukturen, die mit Gewalt und Kriminalität zusammenhängen.

00:28:59: Und ja, ich denke, einfach Medien müssen sich darauf zurück.

00:29:02: besinnen, einfach auch auf evidenzbasierten Journalismus.

00:29:08: Woran liegt das, ist dann immer die Frage.

00:29:11: Also diese Strukturen oder auch diese Muster, die ihr dann immer wieder kehren, ist das ein strukturelles Problem im Journalismus?

00:29:19: Oder woran kann man das festmachen, dass diese Muster immer wieder kommen?

00:29:24: Ja, ich glaube auf jeden Fall ist ein Problem.

00:29:27: Deswegen gibt es uns als neue deutsche Medienmacherinnen auch schon seit siebzehn Jahren, dass die Realität, die wir in der Einwanderungsgesellschaft haben, nämlich dass vierzig Prozent der Jugendlichen eine sogenannte statistische Migrationshintergrund haben, sich absolut nicht widerspiegelt in den Medienhäusern, also nur... Wir haben da leider nur alte Schätzungen, aber so viel hat sich an der Zahl unseren Eindrucksnach nicht verändert.

00:29:56: Nur fünf Prozent der Journalistinnen haben einen, wie gesagt, statistischen Migrationshintergrund.

00:30:03: Die Redaktionen sind noch mehrheitlich weiß.

00:30:07: Das heißt, es fehlt einfach auch an Perspektiven und Stimmen im Journalismus, den die mit einer anderen Lebensrealität ihre Arbeit machen, die auch in die Communities hineinkommen, die Betroffene zu Wort kommen lassen.

00:30:25: Und ja, deswegen auf jeden Fall hat das strukturelle Gründe und Probleme.

00:30:30: Und wir sagen aber auch immer, es ist einfach eine verpasste Chance von Medienhäusern, weil wenn man uns jetzt mal ganz wirtschaftlich sehen will, die Medien stecken in der Krise und alle fragen sich, wie können wir neue junge Zielgruppe erreichen?

00:30:44: Ja, diese Zielgruppe, die junge Zielgruppe sieht eben anders aus wie das, was ihr an Content produziert und die interessieren sich auch für andere Themen.

00:30:54: und Fragen.

00:30:55: Also vielleicht auch noch mal auf das Beispiel der Stadtbilddebatte.

00:30:59: Ich finde auch immer wichtig, auch zu betonen, dass es schon Medien gibt, die das besser und anders machen, die mediale Gegenerzählungen schaffen.

00:31:08: Das sind dann oft migrantische Kanäle auf Social Media, wie zum Beispiel die Migratöchter, die jetzt gerade ihre Community auf Insta gefragt haben, was sich die Töchter denn so wünschen an Veränderungen im Stadtbild und ist surprise.

00:31:24: Da kommen dann ganz andere Antworten heraus.

00:31:27: Da kommen dann wirklich politische Antworten oder Bedarfe heraus, die die Sozialpolitik betreffen und wirklich die Realität von jungen Menschen oder Cosmo, die eine Straßenumfrage mit Söhnen gemacht haben, mit den Söhnen, nämlich die aus dem Straßenbild verschwinden müssen und für die, für die Rassismus eben Realität ist.

00:31:47: Auch andere Medien, nicht migrantische Medien machen das jetzt auch besser.

00:31:53: und lassen Betroffene auch zu Wort kommen und sowas braucht es mehr.

00:31:59: Und trotzdem war dann die große Vielfalt-Debatte in Anführungszeichen in den Medien in den vergangenen Monaten, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Vielfalt-Aufrag nicht nachkommt, weil er zu wenig für konservative bis rechtskonservative Menschen im Land, die es ja auch gibt, das ist ja unbestritten, macht, wobei auch die sich wahrscheinlich nicht den ganzen Tag mit mir Wie wir ihn das immer zuschreiben.

00:32:25: Aber dann war das halt die Frage.

00:32:27: Wie können wir die besser abbilden?

00:32:29: Aber ja, ich glaube Vielfalt ist ein Riesenthema und wird oft nicht um allumfassend verstanden.

00:32:36: Diese Debatte würde ich mir auch manchmal etwas breiter geführt wünschen, als diese Verengung dann auch auf teilweise einzelne Journalistinnen und so weiter.

00:32:43: Muss man jetzt hier nicht in der Breite ausführen, aber das vielleicht noch kurz dazu.

00:32:47: Was sind denn so wiederkehrende Muster?

00:32:49: Was machen Medien in der Berichterscheidung falsch?

00:32:53: Ja,

00:32:54: das habe ich gerade versucht, so einen konstruktiven Twist zu schaffen.

00:32:57: Aber ja, natürlich ist das...

00:32:59: Den machen wir dann danach noch.

00:33:01: Zum Abschluss.

00:33:02: Ja, aber du hast ja total recht.

00:33:05: Vieles, was wir beobachten und was wir in der Analyse festgestellt haben, ist leider gibt es doch noch viel Bedarf.

00:33:14: Wir haben die Muster, die wir so identifiziert haben, mal so in drei Bereiche eingeteilt.

00:33:19: Erstens Sprache und Framing.

00:33:20: über das Wording habe ich ja auch schon gesprochen, aber eben vor allem auch die Frames, die auf Social Media genutzt werden und auch die Techniken, die natürlich auch mit den Social Media Logiken zusammenhängen.

00:33:31: Die ersten Sekunden eines Reals entscheiden das erste Bild.

00:33:35: Die erste Kachel, die Caption, was da drin steht, wer liest das schon?

00:33:39: Also da ist dann vielleicht auch oft die kontextuelle Einordnung, die wir fordern, aber eben nicht da.

00:33:45: Erreicht die Leute denn nicht mehr?

00:33:46: Genau, erreicht die Leute nicht.

00:33:47: Und was wir eben oft sehen, auf den Kacheln sind verkürzte oder reißartische Titel oder spaltartische Zitate.

00:33:54: Der Islam gehörte nicht zu Deutschland.

00:33:57: Und ja, ich habe das schon kurz gesagt, solche Generalisierenden war.

00:34:03: allgemeinerungen führen dann eben auch zu mehr Rassismus in den Kommentaren oder auch suggestive polarisierende Fragen.

00:34:11: Fragen sind ja erstmal was Gutes auf Social Media, um Interaktion und Dialog mit der Community zu fördern.

00:34:16: Man muss sich eben schon sehr gut überlegen, welche Frage stelle ich.

00:34:20: Und wenn ich eben eine suggestive Frage stelle, wie können wir das noch mal schaffen, dann bekomme ich eben auch bestimmte Tendenz.

00:34:27: Antworten.

00:34:29: Bichtig ist auf Social Media auch zweitens die Bilder.

00:34:34: Also, dass es einfach das Erste, was gesehen wird und hängen bleibt.

00:34:38: Aber ganz oft, gerade wenn wir über Islam eben sprechen, sind das visuelle Sterotype.

00:34:44: Das ist immer die Frau mit Kopftuch von hinten, obwohl das finde ich immer ein interessanten Ja, fakt, dass nur dreißig Prozent der Musliminnen in Deutschland Kopftuch tragen.

00:34:59: Und wenn wir aber den Begriff googeln, zum Beispiel, kriegen wir eine ganz andere vermeintliche Realität.

00:35:05: Und die Frau mit Kopftuch von hinten ist auch noch mal exemplarisch für eine Depersonalisierung.

00:35:11: Das heißt, viele dargestellte Menschen, Betroffene von Rassismus, haben kein Gesicht und keine... oder sie bekommen kein Gesicht.

00:35:21: Sie haben ein Gesicht, sie haben eine Stimme, aber die wird ihnen nicht zugestanden von den Redaktionen.

00:35:28: Das sehen wir auch bei den überfüllten Boten, den Bildern von überfüllten Boten oder Zäunen, wo Geflüchtete zur Bedrohung zu einer Naturgewalt gemacht werden zu wählen oder zu einer Frage von inneren Sicherheit.

00:35:42: Ich glaube, die Frage der Bildauswahl ist eine ganz entscheidende, weil durch unser Nutzungsverhalten aus Social Media scrollen halt durch und dann sieht man schnell dieses Bild und das bleibt hängen.

00:35:56: Ja, schafft ja auch eine Art von, von Realität in Anführungszeichen, die so eigentlich gar nicht existiert da draußen, aber in den Köpfen halt festhängen bleibt.

00:36:06: Und ich glaube, gerade Bildauswahl ist ein ganz großes Thema, was mich zu den konstruktiven Ansatz führt.

00:36:10: Wie kann man es denn jetzt besser machen, wenn man, wenn man sich das jetzt die Analyse von dir sich angehört hat und sagt, ja, wir machen das vielleicht auch ab und zu mal.

00:36:19: Wie machen wir es denn jetzt anders?

00:36:21: Wie können wir das auch bei uns implementieren, dass wir das angemessen dass wir sensibler damit umgehen mit diesen Themen.

00:36:28: Ja, du hast ja vorher schon so schön auf den Punkt gebracht.

00:36:31: Eigentlich sind journalistische Basics von... die Wehrfragen beantworten, Kontext geben, wenn wir es jetzt nochmal ein bisschen mehr auf Social Media beziehen.

00:36:40: Klar, wir sind uns bewusst, es braucht knackige und kurze Titel.

00:36:44: Das ist auch eine Herausforderung in den Logiken von Social Media in wenigen Zeichen, in Verkürzungen, auch gut und spannend und interessant zu sein.

00:36:54: Man kann es aber schon schaffen mit guten Texten und Titeln, die auch Spaß machen dürfen, sachlich.

00:37:03: präzise zu sein.

00:37:05: Deswegen ist uns da ganz wichtig, gute Debatten eben auch in den Kommentaren zu führen, also auch wirklich die Community anzuregen für Diskussion.

00:37:16: Aber das erfordert eben auch, dass die Kapazitäten in den Redaktionen da sind.

00:37:22: Also wir haben mit über zehn Social Media Redaktionen gesprochen.

00:37:29: Und die berichten halt unter welchem krassen Zeitdruck sie einer Flut von teilweise Zehntausend Kommentaren gegenüberstehen als sehr kleine Teams.

00:37:38: und die hätten eigentlich Lust auf Fackenchecks, auf wirklich journalistische Arbeit in den Kommentarspalten, auf konstruktive Debatten und nicht nur das Löschen von Hass.

00:37:48: Aber da fehlt es eben an Ressourcen.

00:37:50: Deswegen, wie kann es besser aussehen?

00:37:52: Das ist nicht nur eine Frage von der inhaltlichen Gestaltung, von der richtigen Bildauswahl, sondern auch von einer guten Ausstattung von Redaktionen und ich glaube auch so einen gewissen Paradigmen-Shift wirklich zu erkennen, dass die Zukunft das Journalismus in digitalen Formaten und auch auf Social Media liegt.

00:38:09: Und im Austausch vor allem mit den Menschen.

00:38:13: Genau.

00:38:14: Und dass das aber auch Zeit, also solche Veränderungen und ein Wandel, braucht auch Zeit und das wiederum oder Selbstreflektion und das braucht Zeit und Ressourcen.

00:38:27: zu hinten raus, weil ich habe dich ja jetzt direkt von deinem Talk von der Bühne abgegriffen sozusagen hier fürs Podcastudio und euer Titel war ja, was die KI nicht kann.

00:38:39: Was kann die, also das war dann auch beim Talk nur ganz kurz Thema, weil euch das gar nicht, gar nicht im Zentrum für euch steht, weil wir reden sehr viel auch hier bei den Medientagen darüber, wie kann KI uns helfen, wo ist die Gefahr von KI, was kann denn die KI da nicht leisten, was es aber dringend braucht, um diese Dinge sensibler anzugehen, angemessen anzugehen.

00:39:01: Ja, da muss ich ganz ehrlich sein, da haben wir auch ein bisschen Clickbait betrieben.

00:39:06: Wie

00:39:06: gesagt, ich finde das vielleicht ein gutes Beispiel, mit dem was Feuer meinte.

00:39:10: Man darf sich schon auch bestimmten, also Social Media darf Spaß machen und Clickbait muss nicht immer schlecht sein oder kurze knackige Titel.

00:39:20: Ja, wir wollten einfach Menschen locken zu unserem Pendel, aber auch weil wir der Überzeugung sind, KI ist ein wichtiges Tool und das Das hören wir auch aus den Gesprächen von Social Media Redaktionen, vor allem von Community Redakteurinnen.

00:39:38: Das erleichtert extrem viel, wenn es um zum Beispiel das moderieren, das Vorfiltern von Hasskommentaren geht.

00:39:45: Da ist die Technologie auch wichtig und da spricht auch nichts dagegen.

00:39:52: Ja, und zwar in Anliegen zu zeigen, wo und warum es auch kritische MedienmacherInnen braucht.

00:39:58: Ich glaube, das hat das Gespräch auch gezeigt.

00:39:59: Diese komplexen Fragen sind aktuell zumindest noch nicht durch eine KI machbar, wenn wir über diskriminierungssensible Sprache sprechen, da produziert und reproduziert die KI noch viele Bias ist.

00:40:15: Da braucht es Verantwortung.

00:40:19: volles menschliche Verantwortung, Bewertung und auch redaktionelle Entscheidungen, die weiter von Menschen getroffen werden, weil eben Daten nicht neutral sind.

00:40:27: Für den mal ergänzten Journalismus ist auch nicht per se neutral.

00:40:31: die große Debatte und Frage um die Objektivität.

00:40:34: Aber das sind wir überzeugt davon.

00:40:37: Journalismus ist das nicht komplett und Daten aber auch nicht.

00:40:40: und KI greift eben auch auf Daten zurück, die gesellschaftliche Machtverhältnisse reproduzieren.

00:40:48: Und deswegen braucht es redaktionelle Teams, die einerseits auf vielfältige Datenquellen zurückgreifen, aber eben selbst auch divers besetzt sind und verschiedene Perspektiven mit einbringen, um eben algorithmische Verzerrungen auch und diskriminierte Stereotypen vermeiden zu können.

00:41:07: Und es braucht eine klare Haltung zu macht und eine Verantwortung umgang mit KI, eine Transparenzmachung natürlich.

00:41:17: Und dafür braucht es einfach wiederkehmbare menschliche Stimmen und Perspektiven.

00:41:22: Und ja, deswegen glauben wir, dass das sehr wichtig ist, KI zwar als Tool zu nutzen, aber...

00:41:30: Ich sag jetzt zu dieser Debatte immer, Journalismus ist insofern schon nicht neutral, weil Journalismus an sich eigentlich eine Haltung ist, finde ich immer.

00:41:39: Deswegen das noch mein Take dazu.

00:41:43: Liebe Jutta, vielen, vielen Dank.

00:41:44: Es wird ein interessanter Gespräch, wirklich coole Arbeit, die ihr da gemacht habt.

00:41:47: Vielen Dank.

00:41:48: Danke dir.

00:41:49: Da hast du jetzt den schöneren Schlusssatz gefunden, als ich.

00:41:52: Dankeschön.

00:41:53: Danke.

00:41:59: Die Medientage sind schon wieder ein paar Tage her, doch sie hallen natürlich noch nach bei uns hier sowieso, aber vielleicht ja auch bei euch.

00:42:07: Schaut doch einfach vorbei auf unseren Kanälen, der Homepage, dem Blog auf Social Media, für Videos, Interviews, Artikel, Pressemeldungen und und und.

00:42:16: Links gibt's in den Shownotes.

00:42:19: Lohnt sich, versprochen.

00:42:20: Und auch hier im Podcast gibt es In den nächsten Wochen noch ein paar Inhalte von den Medientagen.

00:42:26: hört also da auch gerne wieder rein.

00:42:29: Von mir war's das an dieser Stelle, macht's gut, bleibt stabil und bis zum nächsten

00:42:39: Mal.

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